Am Montagabend äußerte sich der 48-jährige, gebürtige Wiener Günter Kreissl, von 1. Mai 2016 bis 30. Juni 2020 Geschäftsführer Sport des SK Sturm Graz und seit 16. Dezember 2020 „Head of Goalkeeping" beim ÖFB, in der Sendung "Talk & Tore" bei Sky Sport Austria über seinen Ex-Klub Sturm, dem Nationalteam vor dem bevorstehenden Start zur Qualifikation zur EM 2024 in Deutschland und weiteren spannenden Themen.

 

„Man wird im Fußball nicht oft Menschen finden, die den Andi nicht mögen“

Günter Kreissl über...

SK Sturm-Erfolgs-Duo Schicker/Ilzer: „Ich beobachte die Entwicklung mit viel Begeisterung und Respekt. Es sind in den letzten Jahren so viele gute Entscheidungen getroffen worden, auf jedem Sektor. Wenn man ohne einige verletzte Schlüsselspieler ein Schlagerspiel so souverän gewinnt, sagt das einiges über die Entwicklung, die Sturm genommen hat, aus. Zu Recht reden alle Experten derzeit davon, dass man sich klar als Nummer 2 etabliert hat. Alle Beteiligten machen einen tollen Job. Wenn man sich die Tendenz der letzten drei Jahre anschaut ist es eine Kurve, die sich ständig nach oben bewegt und das ist bemerkenswert.“

…seinen Nachfolger Andreas Schicker: „Er hat ein unglaublich gutes Gespür für Spieler, ein gutes Maß an Risikobereitschaft, auch zu investieren in den Verein. Er ist ein super Teamplayer. Man wird im Fußball nicht oft Menschen finden, die den Andi nicht mögen. Er schafft es trotzdem, die Autorität zu haben, bei all den freundschaftlichen Beziehungen, die er pflegt.“

…das Ligaformat mit Punkteteilung: „Ich war ja damals schon im Prozess dabei, als es zur Formatänderung gekommen ist. Das Hauptziel war es, mehr Spannungsmomente innerhalb des Jahres aufzubauen. Das ist trefflich gelungen – auf Kosten der Nerven der Verantwortlichen.“

„Habe Gefühl, dass Gefüge intakt ist und alle zusammenhalten"

Trainerwechsel bei Austria Wien: „Ich war überrascht über die Trennung, man weiß aber nie was im Hintergrund Sache ist. Man hat einen neuen Weg gewählt, der sicher nicht leicht war für den Verein. Die Mannschaft nimmt mich aber nach wie vor mit. Das ist für die Mannschaft auch nicht leicht, ich habe aber das Gefühl, dass das Gefüge intakt ist und alle zusammenhalten.“

…seine jüngst geäußerte Kritik am vermehrten Einsatz nicht-österreichischer Torhüter in der Bundesliga: „Aus der Position, in der ich jetzt bin, muss ich mir wünschen, dass so viele österreichische Torhüter wie möglich spielen. Es ist auch das Sprungbrett, nach dem wir uns sehnen, damit möglichst viele Österreicher in die Topligen kommen. Ich habe aber volles Verständnis für die Vereine. Der Markt ist nicht so dicht, gewisse Profile findest du nicht immer bei uns.“

Anforderungsprofil eines modernen Tormanns:Man sucht einen Multitasking-Athleten. Du brauchst die athletische Seite, hättest gerne einen Torverhinderer. Die größte Entwicklung ist, dass du am liebsten einen Torhüter mit Feldspielerqualitäten hättest, der großartig in der Spieleröffnung ist. Jemand, der von seiner Persönlichkeit charismatisch ist, die Mannschaft coacht und robust ist. Die talentierten Spieler, die alles mitbringen, müssen wir in jungen Jahren finden und optimal entwickeln. Da sind uns in den letzten Jahren sicher einige durchgerutscht.“

seinen perfekten Torhüter: „Ich möchte Ausgewogenheit. Ich möchte „Competitive Goalkeeper“, die im Spiel ihre Bestleistung abrufen und nicht nur im Training glänzen. Du brauchst ein bisschen das Verrückte, mit jedem Preis das Tor verhindern zu wollen.“

Günther Kreissl holte den mittlerweile 33-jährigen, gebürtigen Wiener Jörg Siebenhandl im Sommer 2017 zum SK Sturm Graz, für den der 1,83 Meter große, zweifache ÖFB-Teamtorhüter seither 223 Pflichtpartien absolvierte und dessen Vertrag im Sommer ausläuft und nach 6 Jahren bei den Steirern nicht verlängert wird.

„Haben oft einen guten Tormann, der ganze Generationen zustellt“

Nachwuchsförderung österreichischer Torhüter: „Wir haben grundsätzlich eine gute Nachwuchsförderung, brauchen uns nicht verstecken. Wir haben einen kleineren Markt und müssen Torhüter etablieren. Wir haben oft einen guten Tormann, der ganze Generationen zustellt, wie zum Beispiel René [Swete], Alexander Schlager oder Jörg Siebenhandl (Foto). Das verhindert die Entwicklung von anderen.“

...Torwart-Situation in der Schweiz: „Die Schweiz hat mit „Fox“ Foletti einen überragenden Tormanntrainer, der klare Strukturen etabliert hat. Er arbeitet mit den Vereinen, wie die Torhüter jeden Tag trainieren sollen, mit einer sehr genauen Vorstellung. Die Anzahl der Spitzentormänner, die die Schweiz entwickelt hat, ist so auffällig, dass ich sie nicht mehr für Zufall halte.“

ob ÖFB-Team klare Nr. 1 benötigt: „Hätten wir einen Torwart, der das Profil und die Performance mitbringt und dann auch noch immer spielt, hätten wir eine klare Nr. 1. Das war aber in den letzten Jahren nicht so. Wir haben viele gute Torwarte. Auch wenn wir keinen etabliert haben in den Topligen, ist es in den letzten Jahren im Team nicht an den Torwarten gelegen.“

…mögliche taktische Änderungen im Torwartspiel in der Zukunft: „Ich kann mir gut vorstellen, dass du bald einen zweiten Torwart hast, den du wie einen elften Feldspieler eintauschst. Wir sind, glaube ich, nicht so weit davon entfernt, dass du bei einem Rückstand in der 80. Minute zum Beispiel einen hinten reinstellst, der normal gut hält, aber noch eine zusätzliche Qualität hat.“

Archivfoto Ligaportal und Foto GEPA-ADMIRAL