Nach Teil 1 und Teil 2 des großen, exklusiven Ligaportal-Interviews mit Michael Liendl befassen wir uns im letzten Kapitel des Dreiteilers aus Anlaß seines Karriere-Endes mit dem RZ Pellets WAC. Aus dem Lavanttal ging die Reise für den "Alpen-Maradona" zu Beginn 2014 ins Ausland und nach 4 1/2 Jahren bei Fortuna Düsseldorf, TSV 1860 München und Twente Enschede im Juli 2018 zurück zum WAC, wo der 37-Jährige eine Ära prägte. Mit magischen Europa-Cup-Nächten in Gladbach sowie vs. AS Roma (mit Traumtor Liendl!). Gibt es eine Liendl-Rückkehr in neuer Funktion zum WAC? Wie sieht seine Zukunft aus?

Gleich klebt er am Fuß...sein Freund, der Ball: Filigrantechniker Michael Liendl, stets fokussiert und "per du" mit dem runden Leder, speziell an seinem linken Zauberfuss.

Als Liendl & Wölfe über die Gladbacher Fohlen herfielen

Doch der Reihe nach. Handeln wir erstmal noch seine aktive Zeit von zwei Gastspielen bei den Wölfen mit gesamt 5 1/2 Jahren im Lavanttal ab. Dazu noch seine Freundschaft zu Zlatko Junuzovic, wie Michael Liendl auch aus der GAK 1902-Jugend stammend, seine Vorbilder, sein "Verletzungs-Glück", seine Ziele und...: das ÖFB-Team-Debüt als Spätberufener mit 28 Jahren und 7 Monaten am 3. Juni 2014 unter dem damaligen Team-Chef Marcel Koller, als der damals bei Fortuna Düsseldorf spielende Mittelfeld-Regisseur gegen Tschechien für Andreas Ivanschitz eingewechselt wurde.

Unvergessen natürlich die magischen Europacup-Nächte, mit u.a. dem 4:0-Coup auswärts bei Borussia Mönchengladbach mit dem ehemaligen FC Red Bull Salzburg-Meistertrainer Marco Rose, dem beim Rückspiel in Graz-Liebenau auf der Pressekonferenz der "Versprecher-Klassiker" unterlief mit "Wolfsburg" statt Wolfsberg. Dabei hatte sich der Klub aus dem Lavanttal doch längst auf europäischer Bühne einen Namen gemacht.

Duelle erlebt mit Tottenham Hotspurs, Feyenoord Rotterdam und AS Roma, gegen die der WAC zwei Mal unbesiegt blieb (jeweils 1:1) und Michael Liendl ein Traumtor gelang - siehe VIDEO.

"Da haben wir schon Außergewöhnliches geleistet für Verein wie WAC"

Ligaportal: Michael, 6 von Deinen 7 Klubs, bei denen Du in Deiner rund 20-jährigen Profikarriere aktiv warst, haben wir in Teil 2 unseres Interviews abgehandelt. Kommen wir abschließend zum WAC, für den Du die meisten Profi-Spiele bei all Deinen Stationen absolviert hast mit 219 Einsätzen (69 Tore, 95 Assists). Zunächst warst Du von Juli 2012 bis Jänner 2014 dort und dann nach Deiner Rückkehr aus dem Ausland nochmal von 2018 - 2022.

Michael Liendl: Ja, die ersten 1 1/2 Jahre beim WAC waren schon richtig cool. Für einen Aufsteiger haben wir richtig gut performed. Ich habe mich auch auf Anhieb sehr wohl gefühlt im Verein. Wir hatte eine coole Truppe, in der ein super Zusammenhalt war. Der ganze Verein hat zusammengehalten. Dann ging es relativ rasch, 1 1/2 Jahre waren nicht so lange und dann kam der Anruf vom Ausland (siehe Teil 2 des Interviews). Das Angebot wollte ich unbedingt annehmen.

Der 2. Teil beim WAC in meiner Karriere war natürlich viel erfolgreicher. Wir haben da 2 Mal in der Europa League-Gruppenphase gespielt. Da bleibt natürlich das 4:0 in Gladbach im Hinterkopf. Da haben wir schon Außergewöhnliches geleistet für einen Verein wie den WAC. Gegen Mannschaften wie Tottenham, AS Rom und Gladbach zu spielen, das ist absolut kein Alltag. 

Aber da sieht man auch, was möglich ist im Fußball, wenn du mutig Fußball spielen lässt. Wenn du überzeugt bist, deinen Weg gehst und selbstbewusst auftrittst. Respekt ja, aber keine Angst vor großen Namen hast. Dann kann man sehr viel erreichen und das haben wir schon gezeigt. Das war dann eine sehr lange Zeit für mich beim WAC, in der ich viele Freundschaften geschlossen habe. Was mir persönlich auch immer sehr wichtig ist.

"Haben aus kleinem WAC schon was Großes gemacht"

Training muss Spass machen. Man verbringt so viel Zeit miteinander. Da muss man sich einfach gut verstehen. Da möchte ich mit jedem so gut es geht klarkommen. Ich bin jetzt nicht der, was alle wissen, der alle immer nur streichelt, sondern gewisse Reibungen gehören dazu. Aber im Endeffekt geht es darum, dass eine gewisse Harmonie vorhanden sein muss. Ein gewisses Teamgefüge und Miteinander.

Wie man miteinander umgeht. Das ist extrem wichtig. Deswegen waren wir damals mit dem WAC auch so erfolgreich, weil wir von den Charakteren her eine super Truppe gehabt haben. Da kam jeder mit jedem gut klar. 

Und wenn es mal die ein oder andere Auseinandersetzung und Diskussion gab, dann war keiner nachtragend. Der Spaß war mir auch immer wichtig. Wenn man eine gewisse Nähe und den richtigen Umgang miteinander hat, dann macht Fußball auch noch mehr Spaß. Und das war beim WAC definitiv der Fall und deswegen haben wir uns international wie auch national sehr gut etabliert und aus dem sozusagen kleinen WAC schon was Großes gemacht.

Das Gesicht der Wölfe: Michael Liendl ging als Kapitän des WAC vorran und war der (Kreativ-) Kopf bzw. Dreh- und Angelpunkt bei den Wolfsbergern.

"So selbstbewusst bin ich, dass ich zur damaligen Zeit sicher einer der Besten war"

Ligaportal: In Deiner Karriere warst Du auch im ÖFB-Team, als Spätberufener. Mit 28 Jahren und 7 Monaten. Es war am 3. Juni 2014 Dein einziges A-Länderspiel, wobei das auf Deiner Spielmacher-Position natürlich schwierig ist, da half Dir wohl auch nicht die in Deutschland erhaltene Titulierung "Alpen-Maradona". Welche Erinnerungen hast Du an Dein ÖFB-Team-Debüt?

Michael Liendl: Besser spät als nie. Das ist nunmal so, doch ich bin glücklich über den Einsatz. Wobei ich auch der Meinung bin, dass ich mir das ein und andere Spiel mehr verdient gehabt hätte. Das Nationalteam ist immer gut, egal wann. Da sollten die besten Spieler zusammenkommen. So selbstbewusst bin ich, dass ich zur damaligen Zeit sicher einer der Besten war und in Düsseldorf auch richtig gut performed habe. 

Aber ich habe das nicht zu entscheiden und muss es so akzeptieren. Schlussendlich durfte ich 1 Mal dabei sein. War eine coole Erfahrung. Es ist ja auch so, dass man sich im Nationalteam mit jenen trifft, mit denen man auch mal zusammengespielt hat. Das hat mich extrem gefreut, wieder mit Spielern zusammen zu sein, mit denen ich bei Austria Wien oder sonst wo zusammengespielt habe. Das waren coole Tage und was Besonderes. Jeder Fußballer will mal für sein Land das Trikot anziehen und das durfte ich machen. Darauf war ich sehr stolz und bin sehr froh, dass ich das habe erleben dürfen. 

Ligaportal: Du hast bereits Fußball-Freundschaften angesprochen, die ja mitunter oberflächlich und eher zweckgebunden sind. Doch bei Zlatko Junuzovic und Dir sieht es nach einer wahren, nachhaltigen Freundschaft aus, oder?

"Ich habe es ihm immer gesagt, doch er hat nicht auf mich gehört"

Michael Liendl: Im Fußball ist man viel unterwegs und lernt viele Leute kennen. Da ist es schwierig, Freundschaften zu pflegen. Natürlich sind da viele Oberflächlichkeiten dabei, was das Business auch automatisch mitbringt. Aber es gibt Ausnahmen. Und da habe ich bei jedem Verein meine 1,2,3 Jungs gehabt, was nicht oberflächlich war. Wie Sladi, der ein richtig guter Freund geworden ist.

Wir haben nachwievor Kontakt und er war auch bei meinem letzten Spiel mit in Dornbirn. Hat auch mitgefiebert und mir nachher erzählt, dass es richtig emotional war. Absolut eine besondere Freundschaft. Wir haben uns über die Jahre hinweg nie aus den Augen verloren. Ich habe ihn in Bremen besucht, er mich in Düsseldorf. Wir haben uns damals bei Austria Wien so richtig kennengelernt, gleich eine gute Basis gefunden und dort schon richtig viel unternommen. Das ist eine tiefgründige Freundschaft, wo man auch viel miteinander redet. Ich bin sehr froh, so einen Freund zu haben. Das ist im Fußball-Business nicht normal.

Leider Gottes hat er viel zu früh aufgehört. Ich habe es ihm immer gesagt, doch er hat nicht auf mich gehört (lacht). Er ist und war auch immer zu gut, um so früh aufzuhören (Anm.: vor einem Jahr mit 34). Das weiß er auch selbst, aber er hat seine Entscheidung getroffen. Ich glaube, dass er in seiner derzeitigen Lebensphase sehr glücklich ist. Wenn man seine Karriere beendet, ist es die schwierigste Entscheidung im Fußballer-Leben. Da gibt es aus meiner Sicht kein richtig oder falsch. Man muss sich selber im Klaren & Reinen sein.

Ligaportal: Du hast in der vergangenen Saison noch mit 37 Jahren gespielt und alle 30 Zweitliga-Partien von der 1. bis zur letzten Minuten absolviert. In punkto Verletzungen hattest Du großes Glück in Deiner Karriere, oder?

"Schon was Außergewöhnliches, wenn man so viele Jahre wirklich nie verletzt ist"

Michael Liendl: Ja, ich war über 20 Jahre Profi und war nicht einmal wirklich verletzt, habe jede Sommer- und Winter-Vorbereitung mitgemacht. Stand so gut wie in jedem Training auf dem Platz. Da bin ich schon sehr dankbar. Das ist schon was Außergewöhnliches, wenn man so viele Jahre wirklich nie verletzt ist.

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mal 2 oder 3 Trainingseinheiten hintereinander verpasst habe. Und es stecken schon viele Trainingseinheiten in meinen Knochen. Deswegen bin ich sehr froh. Da braucht man ein bisschen Glück, die Genetik hat gepasst. Und ab und zu muss man wissen, wann man vlt. zurückzieht oder mal springt. Und eben nicht auf Biegen & Brechen reinspringt. Das war halt auch mein Spielstil.

"Beim WAC wird es Stand jetzt schonmal nichts"

Ligaportal: Michael Liendl ohne Fußball ist ja nun schwer vorstellbar. Wie lauten Deine Zukunfts-Pläne, sieht man Dich beim WAC demnächst in einer Funktion?

Michael Liendl: Da möchte ich mir jetzt keinen Stress machen. Für mich war jetzt erstmals das GAK-Spiel in Dornbirn wichtig und entscheidend. Jetzt brauche ich die Tage erstmal zum runterkommen. Auf alle Fälle möchte ich dem Fußball erhalten bleiben. In welcher Funktion weiß ich selbst noch nicht. Ich habe ein Leben lang Fußball gespielt und glaube, dass ich dem ein und anderen Verein einen Mehrwert beschaffen kann. Das entscheide nicht ich allein. Von daher muss man schauen, was sich ergibt. 

Beim WAC weiß jeder, wie ich zum Verein stehe. Ich habe dort was Besonderes erleben dürfen als Spieler und war relativ erfolgreich. Nichtsdestotrotz kann ich jetzt schon mal sagen, dass es im WAC, Stand jetzt, schonmal nichts wird. Was kommen wird und wie es weiter geht, das werden wir dann sehen.

Ligaportal: Und wie schaut es mit der Trainer-Lizenz aus?

Michael Liendl: Auf alle Fälle. Ich bin auch schon bei der A-Lizenz mittendrinnen. Es gibt da ja zwei Teile, den ersten, den BSDA-Teil, habe ich bereits abgeschlossen und mit der Prüfung geschafft. Im Oktober geht es dann weiter mit dem ÖFB-Teil. Ob das dann die Trainer-Schiene wird, wird man sehen.

Andy Herzog und Zinédine Zidane als Vorbilder

Ligaportal: Du warst ein klassischer Spielmachertyp, dafür steht auch die Nr. 10. Gab es da in dieser Hinsicht Vorbilder für Dich?

Michael Liendl: Ja, die Nr. 10 ist so ein Synonym für Spielmacher. Ich glaube das war ich. Wenn man international geschaut hat, war es schon damals Andy Herzog, der mit der 10 gespielt hat. Da habe ich schon hingeschaut. Zinédine Zidane war schon ein Vorbild. Er hat mich schon sehr beeindruckt wie er gespielt hat, auch wenn er nicht die 10 hatte.

Aber sein Spielstil war einfach besonders. Mir hat die Nr. 10 gefallen und es hat zu meinem Spielstil gepasst. War eine Playmaker-Nr.! Das wollte ich immer sein.

Ligaportal: Das warst Du auch und hast viele Fußball-Fans begeistert, verzückt. Danke für das offene und interessante Gespräch. Alles Gute für Deine Zukunft.

Siehe auch Interview-Teil 1 und Teil 2 des 3-Teilers!

Das Interview führte Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann

Fotocredit: GEPA-ADMIRAL und RiPu