Nach dem Abstieg der SV Guntamatic Ried aus der ADMIRAL Bundesliga in der Vorsaison machte Samuel Sahin-Radlinger von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch, war zunächst wochenlang vereinslos, um nun mit 1. September mit Austria Wien einen neuen Klub zu haben. Die Veilchen verleihen den 30-jährigen Schlussmann allerdings gleich weiter in die niederländische Eredivisie, zu Aufsteiger Almere City FC. Turbulente Tage & Wochen für den gebürtigen Rieder, der bei allem Stress dennoch kurz Zeit fand für ein Exklusiv-Interview mit Ligaportal.at und sich über Austria Wien, Almere City und anderem äußert.

Nochmal Durchschnaufen! Nach wochenlangem Warten mit viel (Einzel-) Training geht es für den 1,98 Meter großen Samuel Sahin-Radlinger endlich wieder ran: Wettkampfpraxis "schnuppern". Der jahrelange Rieder Rückhalt wurde von Austria Wien bis Sommer 2026 verpflichtet und für die aktuelle Saison an Almere City FC verliehen. Vom Absteiger SV Guntamatic Ried zum Aufsteiger in die niederländische Eredivisie. Vom beschaulichen Innviertel zum "Little City-Klub" aus der Provinz Flevoland, 25 km von Amsterdam entfernt.

"Für mich war Projekt Austria Wien immer schon spannend"

Ligaportal: Hallo Samuel, wie waren die Transfergespräche mit Austria Wien und was bewog Dich zur Entscheidung pro Veilchen und zu dieser doch ungewöhnlichen Vereinbarung, sogleich weiter verliehen zu werden zu einem anderen Klub, hier: Almere City FC?

Samuel Sahin-Radlinger: Es ist ja bekannt, dass meine Gespräche mit der Austria schon länger bestehen, weil es immer mal Spekulationen gab, ob Christian Früchtl verkauft wird oder nicht. Er spielt bis jetzt eine überragende Saison und wird als deutscher U21-Nationalteam-Torhüter auf jeden Fall eine große Karriere vor sich haben. Ich denke, dass ist auch von allen Parteien der Plan, dass er irgendwann verkauft wird.

Darauf wollte sich die Austria vorbereiten. Für mich war das Projekt Austria Wien immer schon spannend. Allein von der Stadt her, dazu Heimatnähe. Ein riesiger Verein und auch super mit meiner Familie kombinierbar. Da stimmt das Gesamtpaket. Ich hab auch gute Beziehungen zu Jürgen Werner, was auch bekannt ist.

Wir haben schon des längeren versucht, eine vernünftige Lösung hinzubekommen. Auch das Projekt Leihe wurde thematisiert. Aber erst vor 4-5 Tagen kam der Kontakt zu Almere City zustande. Ich hatte da von Anfang ein super Gefühl, super Telefonate, Facetime-Calls mit dem Torwart-Trainer. Dazu mit Cheftrainer Alex Pastoor, der ja auch in Österreich bekannt ist und bei Altach war. Vom Gefühl her hat das richtig gut gepasst. 

"Das bin ich ja eh von Ried gewohnt"

Ich bin dann vorgestern früh nach Wien zum Medizincheck und habe dann den Vertrag unterschrieben. Am Abend wollten wir dann schon nach Amsterdam fliegen, haben dann aber den Flug verpasst, weil sich doch alles an dem Tag etwas gezogen hatte. Dann sind wir gestern in der Früh nach Amsterdam geflogen. Dort war ein unglaublich herzlicher Empfang, der mich in meiner Entscheidung bestätigt hat. Der Verein ist ein  familiärer Verein. Das bin ich ja eh von Ried gewohnt. Letztes Jahr sind sie aufgestiegen, ein ganz kleiner Verein.

Trotzdem in einer richtig spannenden Liga, mit riesigen Vereinen. Das werden hoffentlich geile Spiele. Gestern habe ich mir dort alles angesehen. Dann war auch die Verkündung und Unterschrift. Freitagabend bin ich dann zurück nach Wien geflogen und von dort ging es weiter nach Hause. Heute gilt es alle restlichen Sachen packen und mit Sack und Pack nach Köln zu fahren. Dort werden wir heut und morgen den Tag verbringen und dann fahr ich alleine weiter nach Almere.

"Gespräche mit Austria haben mir etwas Gefühl der Sicherheit gegeben"

Ligaportal: Wie waren die Wochen des Wartens generell für Dich, welche anderen Klub-Optionen gab es?

Samuel Sahin-Radlinger: Ich würde lügen, wenn das nicht alles spurlos an einem vorüber geht. Vor allem wenn es dann Richtung 1. September geht. Dann wird es schon etwas zach. Wenn man nicht weiß, was ist in paar Monaten, wo ist man überhaupt? Bei mir kommt ja noch die Familie mit 2 Kindern und Ehefrau, die auch arbeitet, dazu. Das ist nicht immer einfach alles unter einen Hut zu bringen. Von daher war es eine etwas angespannte Situation, aber dennoch waren die Gespräche mit der Austria immer sehr gut und haben mir auch etwas ein Gefühl der Sicherheit gegeben. 

Es war auch das ein und andere Angebot dabei. Eine andere Leihe stand im Raum. Das hat sich dann aber zerschlagen. Ich bin jetzt wirklich richtig happy, auch wenn man es mir vielleicht nicht so anmerkt, weil ich übelst im Stress bin (lacht). Ich freue mich auf die Zeit, die jetzt kommt. Es wird sehr, sehr spannend werden.

"Im Hinblick auf Zukunft ist es mit Wien natürlich super Stadt für uns alle"

Ligaportal: Wie hat Deine Familie, haben Deine Frau Sila und Deine jungen Söhne auf den Wechsel ins Ausland, in die Niederlande reagiert?

Samuel Sahin-Radlinger: In erster Linie haben sie sich sehr gefreut, dass ich jetzt wieder meiner Leidenschaft Fußball nachgehen darf. Wenn man unsere Vergangenheit beobachtet hat, war das immer mit Kompromissen verbunden. Wir sind damit immer ganz gut gefahren. Jetzt wird es so sein, dass meine Frau und die Kinder erstmal in Köln sind und ich in Almere. Gottseidank ist die Entfernung ja nicht so weit. 2 Stunden 20 Minuten mit dem Auto. Von daher können wir das richtig gut überbrücken. 

Ich versuche mich jetzt so schnell wie möglich in die Mannschaft zu integrieren und mich dort einzuleben. Dann schauen wir, wie es in 3-4 Wochen weiter geht. Ob die Kinder dann mit meiner Frau zu mir kommen oder es erstmal so bleibt. Das werden wir uns spontan ausmachen. 

Im Hinblick auf die Zukunft ist es mit Wien natürlich eine super Stadt für uns alle. Wir sind dann nahe zuhause. Es gibt einen Flughafen dort, die Stadt ist wunderschön. Von daher hat es nur Vorteile.

"Denke, dass es nicht so lange dauern wird, bis ich wieder auf meinem Top-Niveau bin"

Ligaportal: Du hast ja bereits Legionärs-Erfahrung in Deutschland, Norwegen und England. Nun ein neues Auslands-Kapitel. Warum die Niederlande und Almere City FC?

Samuel Sahin-Radlinger: Aufgrund der wirklich sehr guten Gespräche, allen vorran mit dem Tormann-Trainer (Anm.: Agil Etemadi, der selbst Torhüter im Verein war und schon länger dort ist). Mit ihm habe ich länger gesprochen. Er hat mir den Verein vorgestellt und wie es dort läuft. Von der Liga her musste er mich nicht großartig überzeugen. Dazu bin ich zu großer Fußball-Fan. Mit diesen Riesen-Mannschaften, die auch international immer mal wieder für großes Aufsehen sorgen. Da ist die Eredivisie eine richtig spannende Liga. 

Rein sportlich bin ich etwas hinten dran, was die Vorbereitung betrifft. Ich habe mich dennoch, so gut es geht, fit gehalten. Von daher denke ich, dass es nicht so lange dauern wird, bis ich wieder auf meinem Top-Niveau bin.

Das Timing ist auch ganz gut mit der länderspielbedingten Liga-Pause. Ich habe dadurch etwas Zeit, in der ich mich schnellstmöglich in die Mannschaft integrieren kann. Von daher blicke ich schon sehr positiv nach Vorne.

Neuer Cheftrainer ist Ex-Altacher Alex Pastoor

Ligaportal: Chef-Trainer bei Almere City FC ist der in Österreich bestens bekannte, 56-jährige Niederländer und Ex-Altacher Coach Alex Pastor. Welchen Einfluß hatte er auf Deine Leihe zum Aufsteiger?

Samuel Sahin-Radlinger: Ja, er kannte mich aus Österreich und deswegen sind sie auch auf mich gekommen. Von daher stimmt da schon mal die Basis. Dass der Trainer weiß, was ich kann. Die ersten Gespräche mit ihm waren sehr angenehm. Wenn man sich auch in der Sprache mit dem Cheftrainer gut verständigen kann, gibt es keine Komplikationen und tut das gut. Von daher ist die Freude groß.

Ab Montag mit Almere City FC ins Trainingscamp vor Ort

Ligaportal: Der Saison-Auftakt von Deinem neuen Klub war alles andere als positiv. 3 Spiele = 3 Niederlagen, Tabellenletzter der Eredivisie mit 3:12 Toren, darunter die 1:6-Klatsche bei Feyenoord Rotterdam mit dem Ex-Rieder Gernot Trauner. Almere City FC braucht Dich definitiv. Heute beim Heimspiel gegen PEC Zwolle bist Du noch nicht dabei, wann startest Du?

Samuel Sahin-Radlinger: Der Saisonstart war alles andere als geglückt. Aber es sind jetzt auch noch 2, 3 andere Spieler verpflichtet worden. Da hatte der Verein schon noch Bedarf. Was ich vom Verein richtig gut finde, ist, dass wir jetzt ab Montag ein 4-tägiges Trainingscamp in Almere haben. Wir gehen da in ein Hotel und trainieren auf unseren Plätzen. Die Bedingungen sind da wirklich top.

Es geht vor allem nach Schließung des Transferfensters darum, dass die neuen Spieler sich so schnell wie möglich integrieren können. Abschließend haben wir am Donnerstag noch ein Testspiel gegen AZ Alkmaar. Das wird ein guter Gratmesser. 

Ich versuche so schnell es geht in 2-3 Tagen wieder auf meinem Fitness-Level zu sein und dass meine Leistung dann stimmen kann. Um dann so schnell und gut es geht der Mannschaft zu helfen, da hinten wieder rauszukommen. Natürlich waren die ersten 3 Spiele alles andere als positiv. Aber ich denke, wenn sich die Mannschaft jetzt schnell finden kann, dann kann das auch mal mit einem Erfolgserlebnis wieder in die andere Richtung gehen und das ist unser großes Ziel.

Ligaportal: Kampf um den Klassenerhalt kennst Du ja bereits aus Deiner Karriere mit Ex-Klubs. Danke für das offene, interessante Gespräch und viel Erfolg!

Das Interview führte Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann

Fotocredit: SVR/Schroeckelsberger,privat, Almere City FC