In der laufenden Spielzeit hält die WSG Tirol beim bislang schwächsten Punkteschnitt in der ADMIRAL Bundesliga, der gar unter dem Wert direkt nach dem Aufstieg im Jahr 2019/20 (0,81) liegt. Damals konnten die Wattener als Tabellen-12. nur durch den Konkurs des SV Mattersburg in Österreichs Beletage bleiben. In dieser Saison steht der West-Klub bei durchschnittlich 0,65 und hat dennoch mit dem SC Austria Lustenau einen Kontrahenten acht Punkte hinter sich. Ein Polster, doch kein Ruhekissen. Das weiß auch WSG Langzeit-Trainer Thomas Silberberger, der sich im Ligaportal-"Give-me-five"-Interview äußerte.

Schon mal bereit machen, Thomas Silberberger: Am Sonntag geht es in der ADMIRAL Bundesliga für den 50-jährigen Innsbrucker und die WSG Tirol wieder los, (TV-) Interviews inklusive. Heute stellte sich der Langzeit-Cheftrainer der Wattener vorab den Fragen von Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann und blieb dabei gewohnt authentisch.

"...sind praktisch zwei Neuverpflichtungen" 

Ligaportal: Hallo Herr Silberberger! Siegen und dann Fliegen war angesagt zum Abschluss des Trainingslagers an der türkischen Riviera. 1:0-Erfolg gegen Borac Banja Luka, immerhin Spitzenreiter in Bosnien, danach Rückflug in die Heimat. Sie sind sowohl über Leistung, Ergebnis als auch das Trainingscamp ins Schwärmen geraten. Was glauben Sie, nimmt ihre Mannschaft da mit in die Frühjahrssaison und was stimmt Sie generell zuversichtlich, dass diese besser wird als jene im Herbst? 

Thomas Silberberger: Ja, das Trainingslager war in allen Bereichen für uns tipp-topp. Erstens haben wir ein tolles Hotel vorgefunden, die Verpflegung war phantastisch, die Plätze waren auch ok. Die ganze Mannschaft hat mitgezogen und wir haben sehr viel an unserer Spielanlage arbeiten können. Wie wir mit und gegen den Ball spielen wollen. Da wollen wir einiges ändern gegenüber dem Herbst. 

Zuversichtlich stimmt mich auf jeden Fall, dass mit Bror Blume und Valentino Müller zwei absolute Stammspieler, die im Herbst glaube ich gemeinsam gerade mal 150 Minuten gespielt haben, zurückkehren. Die komplette Herbstsaison sind beide mehr oder weniger ausgefallen. Da kriegen wir zwei Spieler zurück, die erstens sofort funktionieren und zweitens schon lang bei der WSG sind und in der Vergangenheit absolute Leistungsträger waren. Sie sind praktisch wie zwei Neuverpflichtungen. 

"Wer Andi Heraf kennt, weiß, was gespielt wird in Lustenau"

Ligaportal: Gleich zum Frühjahrsauftakt steht ein sogenanntes 6-Punkte-Match gegen Schlusslicht SC Austria Lustenau an (Sonntag, 11.02., Tivoli Innsbruck, ab 14:30 Uhr im Ligaportal-Liveticker). Beim Gast drehte sich das Personal-Karussel im Winter eifrig, fünf neue Spieler und dazu ein neuer Cheftrainer. Wie weit lässt sich der Gegner da bei Ihrer Match-Vorbereitung analysieren und erwarten Sie beim Ländle-Klub einen Trainer-Effekt?

Thomas Silberberger: Wer Andi Heraf kennt, weiß, was gespielt wird in Lustenau. Wir haben ja bereits zwei Mal gegeneinander gespielt wie er noch Trainer bei der SV Ried und seinerzeit beim FAC war. Wir erwarten Lustenau im 5-3-2-Mantel. Mit einer Ausrichtung, dass sie defensiv kein Tor kriegen und schnellstmöglich umschalten, mit vielen langen Bällen auf die beiden Stürmer vorne. Also eine sehr gefährliche Spielanlage, bei der man in viele Fallen tappen kann.

Allerdings haben wir sie analysiert. Wir haben das Video gesehen gegen die FC Bayern München Amateure und sie in der Türkei life vor Ort beobachtet. Wir wissen schon, was auf uns zukommt. Die fünf Neuverpflichtungen war der logische Schritt nach diesem Herbst in Lustenau. Aber wir haben ja mit Blume und Müller auch praktisch zwei Neue. So gesehen schockiert mich das nicht. Es war zu erwarten, dass Austria Lustenau alle Hebel in Bewegung setzt.

Die "Ruhe (selbst) vor dem Sturm", respektive Fortsetzung der Meisterschaft für die WSG am Sonntag: Der 50-jährige Innsbrucker blickt (noch) gelassen auf seine elfte Frühjahrs-Saison als Coach der Wattener (364 Pflichtpartien bisher!). Sein persönliches Motto übrigens: "Mein Lieblingstag? Heute!"

"Haben bewiesen, dass wir eine Fünfer-Kette knacken können"

Ligaportal: Wie bereits erwähnt treffen Sie im ersten Pflichtspiel des Jahres auch auf Neo-SC Austria Lustenau-Coach Andreas Heraf. Bislang gab es auf Trainerebene zwei Duelle gegen den „Arbeitskollegen“ aus Wien, dabei mit zwei Siegen eine makellose Bilanz für Sie (4:2 vs. SV Ried in der Bundesliga 2021/22 und 5:1 vs. FAC in der 2. Liga 2018/19). Am Sonntag könnte man sich im direkten Aufeinandertreffen mit dem Schlusslicht bereits um elf Punkte von diesem distanzieren. Welcher Bedeutung käme diesem Vorsprung zu, auch in Anbetracht der nahenden Punkteteilung?

Thomas Silberberger: Ein Sieg wäre natürlich enorm wichtig, weil dann die Differenz elf Punkte beträgt. Das wären dann mit der Halbierung bereits über fünf Punkte. Von einem Pflichtsieg will ich jetzt nicht sprechen. Wir haben eine sehr gute Bilanz gegen die Mannschaften von Andi Heraf und bewiesen, dass wir eine Fünfer-Kette knacken können. Seinerzeit mit der WSG gegen den FAC und danach gegen die SV Ried, die damals in der Tabelle extrem weit vorne war und wir extrem weit hinten. Also wir haben schon bewiesen, dass wir eine Fünfer-Kette, einen tiefen Block bespielen können. Und so wird auch unsere Spielanlage sein. 

Unser Ziel ist generell in diesen fünf Grunddurchgangs-Runden bis zur Punktehalbierung den Abstand auf Austria Lustenau auszubauen und auf Altach und Blau-Weiß Linz zu verkürzen. Dann können wir schon von einer vernünftigen Rückrunde in den fünf Spieltagen sprechen. Für uns wäre das enorm wichtig, dass wir dieses Etappenziel schaffen: Auf Lustenau ausbauen, auf Altach und Blau-Weiß Linz verkürzen.

"Heute passiert definitiv nichts mehr"

Ligaportal: Mit Julius Ertlthaler steht in diesem Winter lediglich ein Abgang und demgegenüber kein, offizieller, Neuzugang zu Buche. Warum hat sich die WSG Tirol in der aktuellen Transferperiode zurückgehalten oder überraschen Sie uns heute am Deadline-Day bis 18 Uhr noch mit dem ein oder gar anderen neuen Spieler?

Thomas Silberberger: Nein, heute passiert definitiv nichts mehr. Wir haben uns deswegen zurückgehalten, weil wir über einen 27-Mann-Kader verfügen und extrem viele Mittelfeldspieler zur Verfügung haben. Deswegen haben wir uns auch dazu entschlossen Julius Ertlthaler gehen zu lassen, obwohl er Stammspieler war. Aber wir haben im Mittelfeld für drei Positionen acht Kandidaten, weswegen wir den Kader ein Stück weit verkleinern wollten. Das ist uns gelungen. 

Von dem her haben wir immer noch 26 Spieler. Es war von vornherein klar, dass wir im Winter nichts machen. Weil wir nachwievor, sowohl der Sportdirektor (Anm.: Stefan Köck) als auch ich, vom vorhandenen Kader absolut überzeugt sind. Und dass wir eine wesentlich bessere Rolle spielen können, wie wir im Herbst gespielt haben.

Thomas Silberberger gerät auch schon mal ins Grübeln! Bei der WSG Tirol hat der Langzeit-Coach eine Ära geprägt.

"...was passiert, wenn unsere Präsidentin die Lust verliert?"

Ligaportal: Sie standen bereits als Spieler für Vereinstreue - waren von 1997 - 2005 bis auf eine Saison beim SV Wörgl. Und seit der Saison 2013/14 auch als Trainer der WSG Wattens bzw. seit dem Bundesliga-Aufstieg 2019 namentlich WSG Tirol. Sie sind somit in Ihrer elften Saison bei den Wattenern, haben diese von der Regionalliga bis in die Bundesliga geführt. Stehen in punkto Langzeit-Profi-Trainer nahezu auf einer Stufe mit Christian Streich (SC Freiburg), Frank Schmidt (1. FC Heidenheim) und Diego Simeone (Atletico Madrid).

Wie stolz macht Sie das und sie sagten ja im vergangenen Jahr mal um ihren 50. Geburtstag herum, wenn ich mich recht erinnere, dass auch Ihre Zeit bei der WSG ein Ablaufdatum hat. Wie groß ist der Wunsch nach Veränderung und wo könnte sich ein so waschechter Tiroler eine neue Herausforderung als Trainer vorstellen?

Thomas Silberberger: Vereinstreue ist bei mir schon ein Riesenthema. Ja, das habe ich gesagt mit dem Ablaufdatum. Denn was passiert, wenn unsere Präsidentin (Anm.: Diana Langes-Swarovski) die Lust verliert? Was passiert, wenn irgendein anderer Sportdirektor kommt und ich keinen Draht zu ihm habe?

Das sind so Sachen, durch die es dann schon schnell gehen kann. Aber aktuell bin ich nicht auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Entweder ergibt es sich, aber dass ich jetzt aktiv darauf losgehe, das mache ich nicht.

Wir haben in Wattens jedes Jahr eine spannende Aufgabe. Mit Spielern, die woanders nicht funktionieren. Wie am Beispiel Baden Frederiksen vor Jahren. Dass wir diese Spieler halbwegs in die Spur bekommen, damit sie für uns einen Mehrwert haben und auch für die Spieler selbst. Diese Aufgabe ist extrem herausfordernd und es geht gefühlt jedes Jahr mit dem ersten Trainingstag irgendwo am 25. Juni wieder bei Null los.

Was das betrifft habe ich jede Saison eine neue Herausforderung. Das macht schon Spaß. Ich bin nicht aktiv auf Veränderung aus. Wenn, dann muss es passieren. Wie seinerzeit 2013. Da war ich auch nicht aktiv auf der Suche nach einem anderen Trainer-Job. Ich habe sechs Jahre beim FC Kufstein sehr erfolgreich gearbeitet und dann ist der Anruf von der WSG Wattens gekommen. Danach ging alles relativ schnell über die Bühne.

Das kann so auch wieder passieren. Aber nochmal: ich suche aktiv nicht und habe auch keinen Manager, der das aktiv für mich macht. Wenn bei den meisten Vereinen die Trainerfrage aufkommt, was während der Saison passiert, bin ich ja definitiv nicht auf dem Markt, weil ich ja in Wattens unter Vertrag stehe.

Ligaportal: Dann doch eine Nachfrage. Hand auf´s Herz...Anfragen an Sie als Trainer in all den Wattener Jahren wird es doch bestimmt gegeben haben, oder?

Thomas Silberberger:. Ja, aber nur eine konkrete. Ich habe ja keinen Manager und brauche auch keinen (lacht).

Ligaportal: Selbst ist der Mann....! Danke für das interessante, offene Gespräch und viel Erfolg.

Fotocredit: Harald Dostal/www.sport-bilder.at, Hagleitner/WSG Tirol und RiPu Sportfotos