Als Andreas Schicker, ab 2018 zwei Jahre Chefscout beim SK Sturm Graz, im Mai 2020 in die Fußstapfen des langjährigen Geschäftsführers Sport der "Schwoazn", Günter Kreissl, trat, war nicht abzusehen, dass der gebürtige Steirer - gemeinsam mit Cheftrainer Christian Ilzer - eine Ära prägen wird. Mittlerweile ist Österreichs Nr. 2 den jahrelang übermächtig scheinenden Roten Bullen aus Salzburg hautnah auf den Fersen. Darüber und vieles mehr äußert sich der 37-jährige Jung-Hochzeiter im exklusiven Ligaportal-"Give-me-five"-Interview vor dem Gipfeltreffen beim FC Red Bull Salzburg (Freitag, 20:30 Uhr, Ligaportal-LIVETICKER).

Macht sich viele Gedanken um und für den SK Sturm: Der erfolgreiche Geschäftsführer Sport Andreas Schicker (geb.: 06.07.1986 in Bruck an der Mur). Was wird der Mastermind der "Schwoazn" wohl alles in diesem Kalenderjahr planen und praktizieren? Und was wird für ihn noch passieren in 2024...Deutsche Bundesliga?

Motto: "Aus zwei Spielen mehr machen"

Ligaportal: Vorweg Gratulation zur Hochzeit im Dezember. Im Frühjahr "tanzen" Sie ja mit dem SK Sturm gleich auf drei Hochzeiten. Als einziger österreichischer Klub. Wie stolz macht Sie das einerseits und wie sehen Sie die Möglichkeiten und Aussichten des SK Sturm in den einzelnen Bewerben mit, der Reihe nach, Conference League, Meisterschaft und ÖFB-Cup, wo ihr sicher den Titel verteidigen wollt und im Halbfinale definitiv ein Hit auf euch wartet...entweder gegen Serienmeister Salzburg, Rekordmeister Rapid oder ein steirisches Kultduell mit Leoben?

Andreas Schicker: Ja, danke für die Glückwünsche. Am 30. Dezember haben wir geheiratet, im kleinen Kreis, und es geschafft, dass wir einen Flittertag hatten. Auch wenn mit Jänner gleich die Transferzeit losgegangen ist.

Zu den Zielen im Frühjahr. Dass wir noch in allen drei Bewerben dabei sind, macht mich und vor allem den Verein schon unglaublich stolz. Das hat es ja jetzt auch 23 Jahre nicht gegeben, dass man international überwintert. Da wollen wir gegen Slovan Bratislava die Hürde schaffen, aus zwei Spielen mehr machen. Das ist unser Motto. Das darf man auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen, weil halt Sturm von der Papierform her favorisiert wird. Aber Slovan hat wirklich eine routinierte Mannschaf, die speziell in großen Spielen sehr gut ist. Davor sind wir gewarnt. Wir werden aber, wenn wir unser Spiel auf den Platz bringen, gute Chancen haben, um aus zwei Spielen mehr zu machen.

"Salzburg ist trotzdem klarer Favorit, auch wenn es keiner mehr hören will"

In der Meisterschaft geht es morgen mit dem Schlagerspiel gegen Red Bull Salzburg los. Wir haben wirklich punktemäßig einen sehr guten Herbst gespielt, mit 37 Punkten aus 17 Spielen. Was einen Schnitt von knapp 2,2 ergibt. Das ist schon ein richtig guter Wert. Vor allem in der Mehrfachbelastung richtig gut. Ich denke, dass wir trotzdem im Herbst Phasen hatten, in denen wir aufgrund von Verletzungen das Potenzial nicht immer voll ausgeschöpft haben. Natürlich wissen wir, dass das dann auch nicht immer einfach ist.

Wir haben im Winter auch gut reagieren können auf dem Transfermarkt. Wir werden sehen, in welche Richtung sich das entwickelt. Unser Ziel ist, dass wir den Titelkampf mit Salzburg, aber auch den LASK darf man nicht vergessen, spannend gestalten und halten können. Jetzt heißt es Punkte sammeln bis in die Meistergruppe. Dass wir da einen guten Anschluss haben. Aber Salzburg ist trotzdem klarer Favorit, auch wenn es keiner mehr hören will. Das ist mit ihren Möglichkeiten einfach Fakt.

"Freut mich für Region, dass Leoben ins Halbfinale gekommen ist"

Im ÖFB-Cup haben wir die erste Hürde im neuen Jahr schon geschafft. Ich denke, es war ein verdienter Sieg (Anm.: 2:0 über FK Austria Wien). Jetzt freue ich mich schon auf die Auslosung am Sonntag. Dadurch, dass ich ja aus der Region Hochsteiermark bin und gefühlte zehn Minuten von Leoben weg wohne, freut es mich für die Region, dass Leoben ins Halbfinale gekommen ist. Wobei ich sie nicht als Wunschgegner für uns sehe. Am Ende kann man bei einer Auslosung nie viel sagen, weil es eh nicht zu beeinflussen ist. Am Sonntag werden wir dann mehr wissen (Anm.: Ligaportal berichtet ab 18 Uhr).

Grundsätzlich würde ich mir ein Heimspiel für unsere Fans wünschen. Alles andere nehmen wir so, wie es kommt. Unser Ziel ist sicher, dass wir wieder nach Klagenfurt fahren und dort am besten unseren Titel verteidigen.

Gut gelaunt und noch viel vor habend: Cheftrainer und Geschäftsführer Sport, Christian Ilzer & Andreas Schicker. Das "Dream-Duo" hat in seiner fast vierjährigen, gemeinsamen Amtszeit beim SK Sturm Graz schon einiges auf den Weg gebracht und nach dem Cup-Gewinn im Vorjahr ungestillten Hunger auf weitere Titel.

"...da haben wir richtig großen Schritt zu Salzburg gemacht"

LigaportalJahr für Jahr entsteht der Eindruck, dass die Lücke zum Liga-Krösus RB Salzburg für den SK Sturm kleiner wird. In der aktuellen Saison scheinen die Roten Bullen zudem verwundbar und haben in der Qualitäts-Tiefe, besonders in der Offensive, nicht so einen Kader wie die Jahre zuvor mit Unterschiedsspielern wie allen voran Erling Haaland etc.! Ihr habt vor dem Gipfeltreffen nur zwei Punkte Rückstand, habt sie im vergangenen Februar zum Jahresauftakt aus dem Cup geworfen, in Salzburg. Wie nah seid ihr vom Leistungs-Level her dran? 

Andreas Schicker: Wenn man unseren Weg die letzten dreieinhalb Jahre sieht, sind wir definitiv schon näher gekommen. Das zeigen die Punkte, aber auch andere Parameter. Zum Beispiel physisch. Da haben wir einen richtig großen Schritt zu Salzburg gemacht und agieren in diesem Bereich fast auf Augenhöhe. 

Aber wenn man wirklich mal genau reinschaut und jeden einzelnen Spieler betrachtet, dann haben sie schon richtig große Qualität. Auch heuer wieder. Den Herbst darf man nicht so werten, weil sie viele verletzte Spieler hatten. Das mit der Offensive sehe ich nicht so. Denn wenn sie einen fitten Fernando haben, der unglaubliche Qualitäten hat. Was man jetzt ja auch schon im Cup-Spiel gesehen hat. 

Die Wahrheit ist, dass sie es von ihren Möglichkeiten am Ende richtig gut machen. Jahr für Jahr. Da ist es nicht so einfach, um näher zu kommen. Uns ist es gelungen, weil wir, denke ich, auch in Graz gute Arbeit gemacht haben. Aber wenn man Position für Position durchgeht, dann haben sie nochmal eine größere, eine andere Qualität. 

Aber als Team, als Mannschaft haben wir es wirklich in der Vergangenheit geschafft, die Spiele sehr eng zu halten. Und ich hoffe auch, dass uns das morgen gelingt. Dass wir da als Team so auftreten, dass wir ein richtig unangenehmer Gegner sein werden.

Rasmus Højlund, hier nach seiner Verpflichtung im Jänner 2022 beim SK Sturm, ist einer, der den steirischen Kult-Klub als Sprungbrett genutzt hat und zum Königs-Transfer wurde.

"Unglaublich, dass der Spieler bei uns gespielt hat"

Ligaportal: Wo ihr mittlerweile auch mithalten könnt, ist, dass der SK Sturm sich in Europa wieder einen Namen gemacht hat und bei bei den Roten Bullen von Talenten als Sprungbrett genutzt wird. Dabei gab es in Ihrer Amtszeit ja bereits einige schwarz-weiße Exportschlager. Wie z. Bsp. Rasmus Højlund, der inzwischen zum absoluten Leistungsträger und Torgaranten beim englischen Rekordmeister ManU mutiert ist. Beobachtet man die Entwicklung eines solchen "Königstransfers" weiter und klopft sich womöglich im Nachgang auch auf die eigene Schulter, wenn ein Ex-Toptalent des SK Sturm im "Theater of Dreams" seinen Traum lebt und man dazu mit beigetragen hat? 

Andreas Schicker: Das ist ja genau den Weg, den wir vor dreieinhalb Jahren eingeschlagen haben. Dass wir eine Plattform für junge Spieler sein wollen. Den Weg haben wir dann in den letzten Jahren auch sehr konsequent verfolgt. Rasmus war natürlich ein Glücksgriff für den SK Sturm. Das macht uns natürlich stolz. Weil ich auch sehr schnell gemerkt habe, dass Rasmus, als er gekommen ist, nicht sehr lang bei uns sein wird. Er hat einfach besondere Qualitäten mitgebracht und hat uns in den acht Monaten sehr schnell das Gefühl vermittelt, dass es bei ihm sehr weit gehen kann.

Das hat er dann auch mit dem Transfer von uns zu Atalanta Bergamo und von dort zu Manchester United gezeigt. Ich finde es wirklich unglaublich, dass der Spieler am Ende bei uns gespielt hat. Es wurde noch nie für einen Spieler, der in der österreichischen Bundesliga war, eine solche Summe bei einem einmaligen Transfer bezahlt wie von Atalanta zu ManU wie für Rasmus. Das ist schon beeindruckend und macht uns stolz. Diesen Weg werden wir auch konsequent weiter verfolgen und versuchen immer wieder solche Transfers auch zu erzielen. Und nebenbei natürlich versuchen, dass wir auch sportlich erfolgreich bleiben.

Das ist ja immer die Schwierigkeit. Spieler zu verkaufen und dann trotzdem sportlich erfolgreich zu bleiben.

Andreas Schicker auch als Spieler schon stets mit dem Blick Voraus und Kopf oben. Hier in Aktion zum Ende seiner aktiven Fußball-Laufbahn in der Landesliga für den SC Bruck, jenem Ort, wo der 162-fache Bundesliga- und 161-malige Zweitliga-Linksverteidiger geboren wurde. In der ADMIRAL Bundesliga gelang ihm ein Tor. Am 4. Dezember 2013 zum Endstand von 2:0 für die SV Guntamatic Ried gegen den SK Rapid. Das Führungstor erzielte damals der aktuelle LASK-Kapitän Robert Zulj.

Dante vor Abschluss für Leihe zum FC Zürich / Gute Gespräche bei Hierländer

Ligaportal: Kommen wir zu Personal-Perspektiven. Amadou Dante wird derzeit Medienberichten zufolge für eine Leihe in die Schweiz, wo das Transferfenster erst am 15.02. schließt, gehandelt. Was ist da dran und wie sieht es mit Vertragsverlängerungen der im Sommer auslaufenden Kontrakte der Abwehrspieler David Affengruber und Niklas Geyrhofer, bei dem eine Option für ein weiteres Jahr besteht, Otar Kiteishvili und dem seit wenigen Tagen 33-jährigen Kapitän Stefan Hierländer aus?

Andreas Schicker: Bei Dante ist es so, dass wir wirklich kurz vor einem Abschluss sind. Es wird wahrscheinlich auch heute über die Bühne gehen mit einer Leihe samt Kaufoption zum FC Zürich. Es ist wichtig, dass er dort auch Spielzeit bekommt. Wir werden dann die Position intern nachbesetzen was Dante betrifft.

Bei Geyrhofer, wie richtig gesagt, gibt es eine Option, die wir auch voraussichtlich ziehen werden. Weil er für mich ein Riesenpotenzial mitbringt. Bei Stefan Hierländer ist es so, dass ich mit unserem Kapitän in persönlich guten Gesprächen bin. Mal schauen, wie lange es dauert, dass wir auch hier eine Lösung finden. Bei Affengruber und Kiteishvili hat der Verein bereits ein Angebot unterbreitet und da werden wir sehen, ob es eine Lösung gibt.
 
Aber auch hier habe ich immer für beide Seiten Verständnis. Sie sind jetzt im letzten Vertragsjahr und wollen sich natürlich offen halten, den Markt anzuschauen. Auf der anderen Seite wissen sie auch, was sie an Sturm Graz haben. Wir werden auch hier sehen, ich sag mal bis zur Länderspielpause im März, ob es eine Entscheidung gibt.

Werder Bremen? "Auf Sicht kann ich mir deutsche Bundesliga definitiv vorstellen"

Ligaportal: Final gehen wir mal in die Offensive, was ein ehemaliger Defensivakteur wie Sie sicher gekonnt abwehren kann. Was ist denn nun wirklich dran an den laut diverser Medien Kontakten zum SV Werder Bremen, bei dem im Sommer Frank Baumann als Geschäftsführer Fußball aufhören und derzeit ein Nachfolger gesucht wird? Mit österreichischen Spielern macht der Traditionsklub von der Weser seit Jahrzehnten und seit Andi Herzog gute Erfahrungen, neu wechselt ja auch Marco Grüll vom SK Rapid ab Sommer hin. Sie haben längst in Ihrer Funktion Begehrlichkeiten außerhalb von Graz und im Ausland geweckt. Was ist dran an einem Wechsel zum SV Werder und wieweit reizt Sie die deutsche Bundesliga bzw. das Ausland generell?

Andreas Schicker: Die spannendste Frage (lacht). Das Thema ist ja in den letzten Tagen in den Medien aufgekommen. Es ist schon auch eine Auszeichnung für den Verein, dass Interesse an meiner Person besteht. Auch wenn das von mir und vom Trainer nach außen getragen wird, haben wir ein Team dahinter, das großartige Arbeit macht. Im Scouting, das Trainerteam und die gesamte Mannschaft samt Geschäftsstelle. Das macht einen schon stolz, wenn man mit einem so großen Klub in Verbindung gebracht wird. Es gab ja auch bei Christian Ilzer schon Gerüchte und dem ein und anderen Spieler.

Das zeigt mir einfach, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Konkret will ich in dieser Phase nicht mehr dazu sagen, weil morgen ein sehr wichtiges Spiel für uns ansteht in Salzburg. Wir werden dann sehen was die nächste Zeit mit sich bringt.
 
Wie ich im Sommer schon mal gesagt habe, ist natürlich auf Sicht die deutsche Bundesliga sehr reizvoll. Ich mich aber in Graz sehr wohl fühle. Ich komme aus dem Bundesland, mein Umfeld ist von hier und das passt derzeit sehr gut in Graz. Da muss es dann schon für alle Seiten passen. Aber auf Sicht kann ich mir die deutsche Bundesliga definitiv vorstellen. 
 

Ligaportal: Besten Dank für das interessante Gespräch. Alles Gute!

Das Interview führte Ligaportal-Redakteur Herbert Pumann

Fotocredit: RiPu-Sportfotos (2), SK Sturm (1) und Harald Dostal/www.sport-bilder.at (1).