Die wichtigste Frage vieler Austria-Wien-Fans war am Dienstagabend nach der nächsten Pleite schnell beantwortet. Trainer Gerald Baumgartner wird auch am Sonntag beim Wiener Derby gegen Rapid auf der Trainerbank des Bundesligisten sitzen, wie die Klubverantwortlichen versicherten. Für viele verärgerte Austria-Fans mag das unverständlich sein, und dennoch macht die Entscheidung Sinn. Die Leistung in Graz war nicht schlecht, ihren eigenen Anspruch - auch an den Spielstil - erfüllten die Veilchen aber nur phasenweise.

Fast hätte man es schon vergessen, aber Baumgartner trat bei der Austria im Sommer an, um den Klub mit schnellem Umschaltspiel und Tempofußball à la Dortmund wieder in die obersten Bundesliga-Regionen zu bringen. Davon ist nicht mehr viel übrig, auch wenn die Veilchen im Winter ihren Kader erkennbar in diese Richtung umgebaut haben. Vielleicht geht der Umbau ja trotz aller Beteuerungen bald auf der Trainerbank weiter, Peter Pacult wurde am Mittwochvormittag in der Austria-Geschäftsstelle gesichtet, berichtet abseits.at.

Von schnellen Angriffen war in Graz vor allem in der ersten Halbzeit jedenfalls nichts zu sehen. Blendet man diesen Anspruch aus, war es keine schlechte Leistung der Austrianer. Sie hatten die Grazer die meiste Zeit recht gut unter Kontrolle und hielten sie vom eigenen Tor fern, die neuformierte Abwehr stand gut.

Schnelles Umschalten nur beim Führungstor

In der zweiten Halbzeit war endlich auch ein Hauch dessen zu sehen, wie sich Baumgartner wohl die Austria vorstellt. Gerade beim schönen Führungstor durch Alexander Grünwald. Keine zehn Sekunden vergingen von der Balleroberung durch Daniel Royer bis zum Abschluss. Wobei es sich auch da um keine klassische Balleroberung sondern um ein Geschenk von Donis Avdijaj handelte. Interessant: Zu diesem Zeitpunkt stand mit Philipp Zulechner nur mehr ein Neuzugang bei der Austria auf dem Feld, das Tor gehörte zwei Spielern, die auch im Herbst schon in Favoriten waren.

Holzhauser

Raphael Holzhauser blieb wie alle Neuzugänge in Graz blass.

Danach verabsäumte es die Austria aber den Sack zuzumachen und weiter zu kontern. Die Veilchen verlegten sich darauf, den Vorsprung zu verteidigen und wurden zu passiv. Dabei wäre Sturm gerade in dieser Phase verwundbar gewesen. Stattdessen kassierte die Austria zwölf Minuten nach der Führung den Ausgleich - praktisch aus dem Nichts. Sturm wurde dadurch zwar initiativer, war aber auch nur im Ansatz gefährlich. Das Tor war dann eine Verkettung unglücklicher Umstände, wie sie bei Mannschaften außer Form gerne vorkommt, und noch dazu irregulär, Piesinger stand im Abseits.

Mehr Ballbesitz bei allen Niederlagen

Das war natürlich Pech. Doch die Austrianer sollten es sich nicht zu einfach machen, sich darauf hinauszureden. Ein interessantes Detail aus der Statistik verrät viel: Bei allen drei Frühjahrsniederlagen hatte die Austria mehr Ballbesitz als der Gegner, nur beim Sieg gegen Altach lag der Ballbesitz der Austria unter 50 Prozent. Das macht insofern Sinn, als dass man in die Offensive nur dann schnell umschalten kann, wenn man den Ball nicht hat. Die Austria kann ihr bevorzugtes Spiel also zur Zeit nicht aufziehen.

Auch dafür gibt es eine mögliche Erklärung: Wer verunsichert ist (wie die Austria), behält lieber die Kontrolle. Das geht aber nur mit Ballbesitz, was schnellen Konterfußball wiederum ausschließt. Und um mit Ballbesitz zum Erfolg zu kommen, fehlen der Austria aktuell offensichtlich die Mittel und Ideen. Das ist ihr aktuelles Dilemma. Die Hoffnung: Im Derby kann man Rapid eventuell die Initiative überlassen, wie beim 3:2-Sieg im Happel-Stadion im Herbst.

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Foto: Josef Parak