Er ist ein wesentlicher Faktor der WSG Tirol, wurde vor der Saison von dessen langjährigen Trainer Thomas Silberberger zum Kapitän bestimmt (per "Job-Sharing" mit Felix Bacher): Valentino Müller. Der jedoch seit vergangenen Sommer vom Verletzungspech verfolgt wird, nahezu die komplette Herbstsaison wegen einer Achillessehnenreizung ausfiel. Sich zurück kämpfte, um bei seinem Startelf-Comeback im ersten Frühjahrs-Match gegen Austria Lustenau einen Muskelfaserriss im Adduktorenbereich zu erleiden. Doch "kämpfen ist des Müllers Lust"...! Ligaportal sprach mit dem 25-jährigen Vorarlberger.

Voller Tatendrang und mit Kapitänsbinde startete Valentino Müller in die Saison am 21. Juli mit der 1. Runde im ÖFB-Cup beim OÖ-Ligisten SV Bad Schallerbach. Dann folgten zum ADMIRAL Bundesliga-Beginn zwei Partien vs. Austria Klagenfurt und FC Red Bull Salzburg, ehe den Vorarlberger Verletzungspech ereilte.

"Denke, dass ich in zwei, allerspätestens drei Wochen wieder auf dem Platz stehen werde"

Ligaportal: Hallo Valentino. Zwecks mentaler Medizin haben wir hier als Frontfoto eines gewählt, das dich mit schnwungvollen Elan zeigt und wir dich so hoffentlich auch bald wieder auf dem Rasen sehen werden. Daher auch die wichtigste Frage vorweg, wie geht es dir? Wie verläuft der Heilungsprozess nach deinem Muskelfaserriss im Adduktorenbereich und wann ist mit dir wieder auf dem Bundesliga-Spielfeld zu rechnen?

Valentino Müller: Hallo und danke erstmal für das Mutmachen. Natürlich war es am Anfang ganz bitter, dass ich mich jetzt wieder verletzt habe im ersten Spiel der Frühjahrssaison. Aktuell geht es mir den Umständen entsprechend ganz gut. Der Heilungsprozess verläuft gut, ich bin voll im Plan. Stand jetzt denke ich, dass ich in zwei, allerspätestens drei Wochen wieder auf dem Platz stehen werde. Ich hoffe natürlich so schnell wie möglich.

Ligaportal: In der Vorsaison warst du mit 30 Einsätzen Dauerbrenner bei der WSG. In der aktuellen Spielzeit verfolgt dich das Verletzungspech. Was macht das mit dir, gerade mental und wie motivierst du dich für dein Comeback?

Valentino Müller: Das ist schon eine schwierige Situation aktuell. Vor allem die ganze Herbstsaison war sehr, sehr schwierig. Es war ja auch wieder die Achillessehne bei mir. Ich hatte ja schon damals in Altach gleich drei Mal zwei bis drei Monate wegen einer Achillessehnenverletzung verpasst. Deshalb ist die Verletzung schon eine persönliche Geschichte, was das Ganze nicht einfacher macht.

Das einzige was mich motiviert, ist, dass so Phasen einfach im Sport dazugehören und Teil vom Ganzen sind. Und ich auch weiß, dass mich das Ganze nur stärker machen kann und es wieder besser wird. Es bleibt mir eh nichts anderes über, als mein Bestmögliches zu geben und fleißig am Comeback zu arbeiten. Ich habe große Ziele vor mir und bin motiviert, dass ich wieder auf dem Platz stehen und meinen Leidenschaft Fußball spielen nachgehen kann. Das hält die Motivation ganz hoch.

Von exzentrischem und isometrischem Wadentraining bis hin zur Eigenblut-Therapie

Ligaportal: Wir haben zwar ein "Give-me-five"-Interview, also fünf Fragen = fünf Antworten, doch hier ergibt sich dann doch eine Nachfrage, quasi 2b. In meiner aktiven Amateur-Fußballzeit hatte ich selbst mal eine langwierige Achillessehnenreizung, wobei damals eine kleine keilartige, elastische Schuheinlage den Fuß vom Schmerz befreit und die Sehne mechanisch entlastet hat. Im Profibereich gibt es sicher ganz andere Alternativen, was machst Du da?

Valentino Müller: Ich habe da schon einiges ausprobiert. In der Schweiz habe ich mit Dr. Lukas Weisskopf einen Spezialisten für die Achillessehne und allgemein für Sehnen gefunden, der mir sehr geholfen hat. Am Allerbesten hat wir geholfen, konsequent und kompromisslos die Übungen für die Achillessehne durchzuziehen. Wie das exzentrische oder in der ersten Phase das isometrische Wadentraining. Das wirklich zweimal täglich durchziehen, weil das die Sehne stärkt und die ganze Flüssigkeit aus der Sehne wieder presst. Zusätzlich habe ich noch eine Einlagesohle für meine Fußball- und Alltagsschuhe. Damit ich da die Achillessehne etwas entlasten kann. Das mit dem Keil hinten habe ich auch schon versucht, was mir allerdings nicht so sehr geholfen hat. 

Dann habe ich schon Eigenblut-Therapie gemacht. Oder mit Hyaluronsäure, die man in die Achillessehnenscheide spritzt, dass es etwas besser gleitet. Außerdem Stoßwellen-Therapie. Dann gibt es mittlerweile Magnetfeld-Therapie. Da habe ich schon einiges ausprobiert. Doch wenn man verletzt ist, dann ist das Wichtigste für mich, dass man die Übungen konsequent durchzieht. Wenn es dann wieder passt, geht es um eine gute Trainingssteuerung und so extreme Belastungssteigerungen von Null auf Hundert möglichst zu vermeiden. Wobei das nicht immer so einfach ist, gerade im Mannschaftssport. Weil man da die Trainingssteuerung nicht immer selber machen kann. Auch eine gute Regeneration und ausreichend Schlaf ist wichtig. 

Hinzufügen möchte ich auch, dass wir mit speziellen ernährungsphysiologischen Dingen gearbeitet haben. Sei es, dass ich regelmäßig mit einem Collagen-Supplement supplementiere, um die Aminosäuren für die Sehne im Körper bereit zu stellen. Oder mit gewissen entzündungshemmenden Substanzen arbeite. Wie Kurkuma und noch zwei andere Supplemente. Derzeit probiere ich dabei u.a. so ein Eierschalenmembran aus. Ich habe mich schon sehr mit dem Thema beschäftigt und ein Wissen angeeignet. Ich habe einiges ausprobiert und werde das auch weiterhin tun, damit das zukünftig passt.

"...das Ruder rumreißen und die ganze Saison in eine andere Richtung bringen"

Ligaportal: Ja, Collagen ist zu empfehlen. Doch bevor wir jetzt zu medizinisch und ernährungsspezifisch werden, zum Sportlichen. Cheftrainer Thomas Silberberger setzt großes Vertrauen in dich, hat dich vor der Saison zum Kapitän bestimmt. Wie war das damals als die Ernennung erfolgte und wie siehst du generell diese Ausnahme-Konstellation, dass ihr als einziger Klub der Bundesliga zwei Kapitäne im Wechsel habt und wie hast du dich in dieser Funktion gerade im Herbst eingebracht, wo du nicht auf dem Platz gestanden bist?

Valentino Müller: Das war auf jeden Fall ein gutes Gefühl und zeigt, dass Verein und Trainer volles Vertrauen in einen haben. Es ist irgendwo auch eine Bestätigung für die Leistung in all den Jahren, die ich in der Mannschaft erbracht habe und sicher eine ungewöhnlich Entscheidung, dass wir zwei Kapitäne haben. Ich glaube der Trainer hat das damals hinsichtlich entschieden, dass wir uns die Verantwortung teilen. Das habe ich auch so akzeptiert und dadurch, dass ich mich mit Felix Bacher sehr gut verstehe, auch außerhalb vom Fußball, war das nie ein Problem. Eher eine spannende Kombination. Deswegen hat das für mich gut gepasst.

Auf persönlicher Ebene ist die ganze Saison bisher natürlich schwierig für mich verlaufen. Auf der einen Seite bin ich Kapitän und will Verantwortung übernehmen, der Mannschaft helfen und sie unterstützen, sitze andererseits aber nur auf der Tribüne und kann das Ganze nur von außen betrachten. Das war alles andere als einfach. Natürlich habe ich von außen versucht, mit ein paar Spielern zu sprechen und allgemein hineinzuhören, was abgeht in der Mannschaft. Aber der Einfluß von außen ist halt schon begrenzt. Deshalb schaue ich, dass ich so schnell wie möglich wieder zurück auf den Platz komme und der Mannschaft da helfen kann. Und wir hoffentlich als Mannschaft das Ruder rumreißen und die ganze Saison in eine andere Richtung bringen. 

Gegen seinen Ex-Klub LASK wird es für Valentino Müller zwar mit der WSG Tirol in dieser Frühjahrssaison nicht mehr gehen, doch der Kapitän und die Wattener werden alles daransetzen, um den Liga-Verbleib zu schaffen, sodass es dann im Herbst wieder zum Duell mit Robert Žulj (r.) und Co. für "Vale" (Spitzname) kommt!

"Glaube, dass der WAC unten bleibt, weil sie ein schweres Restprogramm haben"

Ligaportal: Ruder rumreißen ist das Stichwort. Machen wir uns nichts vor, elf Punkte nach 19 Runden, da hatten zum gleichen Zeitpunkt die Tabellenletzten der Vorjahre mehr auf dem Konto. Dass die WSG Tirol nicht die Rote Laterne durch´s Heilige Land trägt, liegt auch daran, dass eine Mannschaft noch schlecher abgeschnitten hat. Doch dass Schlusslicht SC Austria Lustenau im Rennen um den Klassenerhalt nicht kampflos die "weiße Fahne" hissen würde, war auch keine Überraschung - der Erfolg im Kellerduell gegen euch bestätigte diese Vermutung. Wie schätzt du - so kurz vor der Punkteteilung - die Lage in der unteren Tabellenregion ein und welche Teams werden deiner Meinung nach die Quali-Gruppe komplettieren?

Valentino Müller: Die aktuelle Lage ist natürlich sehr ernst und wir befinden uns mitten im Abstiegskampf. Ich glaube allerdings auch, dass durch die Punkteteilung in dem Ligasystem jede Mannschaft eine zweite Chance bekommt. Aber da muss man dann halt auch liefern und beformen. Und wenn man bis dahin nicht beformt hat, kann man nicht erwarten, dass du auf ein mal alles zerschießen wirst. Nichtsdestrotrotz ist es nochmal eine Chance für jeden, auch wenn nicht alles komplett auf Null geht. Die Chance will natürlich auch jeder nutzen. Deshalb geht es im Unteren Playoff immer extrem zur Sache. 

Auch wir wollen die Chance nutzen. Lustenau, wir, Altach und Blau-Weiß Linz sind mal sicher unten dabei. Dann glaube ich, dass der WAC unten bleibt, weil sie ein schweres Restprogramm haben. Bei dem anderen Platz gibt es vielleicht schon beim Wiener Derby eine Vorentscheidung zwischen Rapid und der Austria.

Ich glaube, dass die sich den letzten Platz ausmachen werden. Ich hoffe natürlich, dass wir mit Blau-Weiß Linz und Altach vielleicht noch das Abstiegsrennen etwas enger machen bzw. die beiden noch dazuholen. Oder uns im besten Fall von Austria Lustenau etwas absetzen können. 

Trainer Thomas Silberberger und sein Kapitän Valentino Müller, hier nach seiner Verpflichtung bei der WSG Tirol im Juli 2021.

"WSG Tirol gibt Spielern, die vielleicht Karriereknick hinter sich haben, zweite Chance"

Ligaportal: Blau-Weiß Linz punktet eh am liebsten gegen Red Bull Salzburg und auf die werden sie in dieser Saison nicht mehr treffen...! Du traust also Austria Klagenfurt und dem TSV Hartberg zu, dass sie "über dem Strich" bleiben und es kein Kärntner bzw. Wiener Derby in der Playoff-Phase geben wird. Lassen wir mal so stehen. Fest steht definitiv, dass Du bisher 109 Bundesliga-Spiele absolviert hast. Für drei Klubs, mit der WSG Tirol, dem SCR Altach und dem LASK. Welche persönlichen Erlebnisse verbinden dich mit den drei Vereinen und was macht besonders die Wattener aus, die Jahr für Jahr trotz personeller Veränderungen im Sommer von einem unbändigen Tiroler Teamgeist zehren und nach dem Motto "Kampfgeist schlägt Klasse" Gegnern Paroli bieten?

Valentino Müller: Der SCR Altach war mein erster Profiklub, dem ich sehr viel zu verdanken habe. Auch wenn ich nicht aus Altach komme (Anm.: geboren in Lustenau), ist es für mich so was wie mein Heimatklub. Da habe ich die erste Profiluft geschnuppert (Anm.: Bundesliga-Debüt am 25.09.2016 vs. RB Salzburg, 0:0; unter SCRA-Trainer Damir Canadi eingewechselt in 87. Min. für Nikola Dovedan). Das war schon eine spannende Zeit. 

Mit dem LASK, das war der Schritt in die Selbstständigkeit. Dazu erstmals in einem anderen Bundesland wohnen. Auch auf persönlicher Ebene habe ich da sehr viel mitgemacht. Anfangs hat es auch ganz gut funktioniert, ich habe da mein erstes Bundesligator erzielt (Anm.: 10.08.2019 auswärts vs. FC Flyeralarm Admira, 1:0-Siegtorschütze für LASK unter Trainer Valerien Ismaël). Da waren viele positive Momente. Aber es war auch nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich hatte zum Teil sportlich eine schwierige Phase, doch nehme es als sehr lehrreiche Zeit mit.

"Das ist bisher sicher für mich die erfolgreichste Zeit"

Danach die WSG Tirol, der ich auf jeden Fall sehr dankbar bin. Das war damals in dem Moment mein Ausweg, dass ich vom LASK wegkomme und wieder Bundesliga spielen kann. Dafür bin ich sehr dankbar, dass sie mir das Vertrauen geschenkt haben und ich mich auch hier weiterentwickelt habe. Ich habe mein Selbstvertrauen wieder bekommen, gute Leistungen gebracht, das ein und andere Tor erzielt sowie eine Führungsrolle übernommen. Das ist bisher sicher für mich die erfolgreichste Zeit. 

Die WSG Tirol macht einfach aus, dass sie genau solchen Spielern, die vielleicht einen Karriereknick hinter sich haben, eine zweite Chance geben. Dass man sich hier wieder in Ruhe auf die Leistung und das Wesentliche konzentrieren kann. Da muss man Stefan Köck (Anm.: WSG-Manager) und Thomas Silberberger ein Kompliment aussprechen. Die machen das schon über Jahre sehr gut.

"Bin überzeugt, dass wir das schaffen werden"

Weil das ist ja echt nicht einfach mit den Gegegebenheiten und dem kleinen finanziellen Budget, Jahr für Jahr so eine Mannschaft auf die Beine zu stellen. In der Liga zu bleiben und zum Teil wirklich sehr gute Erfolge zu feiern. Jetzt geht es darum, dass wir es auch in diesem Jahr wieder schaffen, in der Liga zu bleiben. Das ist dann auch in dieser Saison für den Verein wieder ein Erfolg. Ich bin da auch überzeugt, dass wir das schaffen werden. 

Ligaportal: In diesem Sinne...viel Erfolg und weiter gute Genesung. Danke für das offene Gespräch.

Das Interview führte Ligaportal-Chefredakteur Herbert Pumann

Fotocredit: Harald Dostal/www.sport-bilder.at und WSG Tirol

Siehe auch:

WSG Tirol: Soziales Projekt "Helfende Handschuhe" erfolgreich angelaufen - VIDEO