Österreich qualifizierte sich nicht für die Fußball-WM 2022 in Katar. Das heißt jedoch nicht, dass das Interesse an den internationalen Titelkämpfen gering ausfällt. Viele wählen sich ganz einfach eine andere Mannschaft aus, um diese bei der Endrunde vom 20. November bis 18. Dezember zu unterstützen. Während sich die Verletzungen vor der WM bereits häufen, sind die Trainer der 32 Teilnehmer nicht zu beneiden. Sie müssen ihr Team durch eine Vorbereitung führen, die so kurz ist wie nie zuvor. Wer profitiert am Ende?

Fußball geht ins Netz

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Eingespielte Teams sollten in Katar Vorteil haben

Oft ist im Fußball von Umbrüchen die Rede, vom Einbau vielversprechender Talente. Doch wer diesen Weg vor der WM 2022 beschritt, könnte beim Turnier die Quittung dafür erhalten. Denn die Phase zur Vorbereitung ist extrem kurz. Bestes Beispiel dafür ist die Nationalmannschaft unserer Nachbarn aus der Schweiz, denen sich mit Sicherheit viele Österreicher anschließen werden. Der letzte Spieltag in den europäischen Ligen geht bis zum 13. November über die Bühne. Direkt am darauffolgenden Tag zieht der Verband seine Nationalspieler zusammen und fliegt auf die Arabische Halbinsel. Dort verbleiben schließlich zehn Tage, ehe das erste WM-Spiel gegen Kamerun auf dem Spielplan steht. Lediglich ein Testspiel vor der Endrunde wurde anberaumt: Am 17. November geht es gegen Ghana. Für mehr fehlt schlichtweg die Zeit. Doch gefährdet das unter dem Strich die Schweizer WM Chancen?

Aus realistischer Sicht gehört die Schweiz zu jenen Teams, die bei der WM 2022 von ihrem eingespielten Verständnis profitieren dürfte. Der Kern der Mannschaft, mit Spielern wie Granit Xhaka oder Yann Sommer, ist seit Jahren zusammen und kennt sich bzw. die Ideen von Trainer Murat Yakin bestens. Kein Wunder also, dass die Buchmacher der Sportwetten Schweiz die Nationalmannschaft als Außenseiter mit guten Karten sehen, auch wenn die Topfavoriten natürlich andere Länder sind. Bei den Wettanbietern wird die Schweiz unmittelbar hinter Mannschaften wie Kroatien oder Uruguay einsortiert. Die Kroaten erreichten 2018 das Finale, Uruguay ist ohnehin zweimaliger Titelträger – eine Überraschung ist also nicht ausgeschlossen.
Probleme könnten eher andere Teams erwarten, die sich bislang nicht intensiv einspielen konnten, etwa Testspielgegner Ghana, die viele neue Spieler zur Endrunde mitbringen.

Steigt die Qualität dank fitter Spieler?

Ein weiterer wichtiger Punkt, der in der Vergangenheit stets für Diskussionen sorgte, ist die Fitness der Spieler. So waren es klassisch die Spieler aus den Ländern mit den meisten Spielen und Wettbewerben, die nach einer langen Saison einfach nicht mehr die nötige Kondition für eine Weltmeisterschaft mitbrachten – immer wieder gerne gesehen bei der englischen Nationalmannschaft. Somit ist es nicht unberechtigt davon auszugehen, dass die Qualität der Spiele trotz großer Kritik am Turnier selbst ansteigt. Vor allem gegen Ende der Hinrunde konnten einige Topteams bereits Spieler schonen, weil sie etwa in der Champions League bereits vorzeitig die K.o.-Runde erreicht hatten. Das gilt beim anderen Nachbarn Deutschland etwa im Fall einiger Bayern-Spieler wie Leon Goretzka, Jamal Musiala oder auch Thomas Müller. Große Zeit zur Regeneration vor einem wichtigen Turnier, wie eigentlich üblich, bleibt aber auch ihnen nicht.

Gut möglich ist demnach auch, dass die favorisierten Nationen dieses Mal einen noch größeren Vorteil genießen als in der Vergangenheit. Aktuell sehen die Wettexperten in ihren Prognosen Brasilien, England, Argentinien, Spanien und Frankreich vorne. Zu guter Letzt sind es auch die Fans selbst, die von der kurzen WM-Vorbereitung profitieren. Nur wenige Tage, nachdem die Ligen letztmals im Jahr 2022 spielen, geht es bereits mit der Vorrunde der Fußball-WM weiter. Auf dem WM Spielplan warten dann täglich vier Partien, bis es in die K.o.-Runde mit dem üblichen Drama aus Verlängerung und Elfmeterschießen geht. 

Ob auch bei diesem Turnier die Mannschaft mit dem breitesten und talentiertesten Kader gewinnt, bleibt abzuwarten. Die Favoriten Brasilien und Frankreich überzeugen in ebenjenem Punkt und können sich auf jeder Position über mehrfache Weltklasse freuen. Ob die Schweiz – wie schon bei dem EM 2020 – ein weiteres erfolgreiches Fußballkapitel schreiben wird, wird sich Ende November zeigen.