Das häufig gezeichnete Bild von Insolvenzen im Profi-Fußball als Horrorszenario ist wissenschaftlich betrachtet nicht zu halten. Zu diesem Schluss kommt Sportökonom Daniel Weimar. Eine Insolvenz sei "ein emotionaler Müßiggang", sagte Weimar im SID-Interview: "Aber mit Blick darauf, dass der Verein fortbesteht: Nein. Die Angst, dass der Klub stirbt, die Assoziation 'Tod' mit Insolvenzverfahren, ist völlig falsch."
Daniel Weimar sieht Insolvenzen nicht als Horrorszenario

Daniel Weimar sieht Insolvenzen nicht als Horrorszenario

Wegen der Coronakrise sind laut kicker 13 von 36 deutschen Profiklubs von der Insolvenz bedroht. Weimar weiß am besten, was das bedeuten kann: Er hat sich in einer Studie mit den bislang 124 Insolvenzverfahren von der Bundesliga bis zur 5. Liga befasst. Nur zwölf Vereine existierten heute nicht mehr, sagte er. Der Klub werde meist "nicht liquidiert, er wird strukturell neu aufgestellt. Das kostet Energie, ist aber eigentlich gut."

Die aktuelle Krise bringe die Vereine wegen ohnehin vorhandener Probleme "noch stärker in die Bredouille", sagte der Wissenschaftler von der Uni Duisburg-Essen. Bislang konnten sie sich mit "positiven Fortführungsprognosen" der Insolvenz entziehen, weil die Nachfrage nach Fußball stets da war: "Aber Corona führt dazu, dass diese Prognose nur noch schlecht haltbar ist. Dazu kommt das Problem der Zahlungsunfähigkeit wegen fehlender Einnahmen."

Weimar (36) sieht im Fußball ein "hartes Rattenrennen", das in einen "ruinösen Wettbewerb" münde. Klubs seien "strukturell fast gezwungen, sich zu überschulden und Risiken einzugehen, um den Klassenerhalt oder Aufstieg zu sichern. Wer spart, steigt ab."

Als möglichen Ausweg sieht er die Abschaffung relativer Abstiege: "Also nicht der Letzte, Vorletzte und Drittletzte steigen ab, sondern die, die zum Beispiel weniger als 30 Punkte haben. Das würde den Druck etwas herausnehmen. Das Problem ist: Fans und Klubs wollen immer wenigstens den Klassenerhalt. Der Anspruch, das zu schaffen, wird immer zu Überinvestitionen führen."

 

SID