Franz Beckenbauer nannte den UEFA-Cup abfällig "Pokal der Verlierer" - und selbst, als er ihn gewonnen hatte, war er nicht sonderlich stolz darauf. Ob er eine Entscheidung aus seiner Zeit als Präsident von Bayern München bereue, wurde der "Kaiser" einmal von der Bild-Zeitung gefragt. Seine Antwort: "Die Entlassung von Otto Rehhagel!"
Beckenbauer in seiner Zeit als Präsident des FC Bayern

Beckenbauer in seiner Zeit als Präsident des FC Bayern

Die, sagte der damalige Manager Uli Hoeneß rückblickend, sei "Schwachsinn" gewesen. Schließlich stand der FC Bayern auf Liga-Platz zwei und in den UEFA-Cup-Endspielen. Dennoch zog Präsident Beckenbauer die Reißleine und setzte sich selbst auf die Bank. Und das entgegen den verklärenden Rückblicken aus sehr guten Gründen.

Rehhagel und die Bayern - das war von Anfang an ein Missverständnis. Zwar legten die Münchner unter dem früheren Bremer Meistermacher mit sieben Ligasiegen einen Startrekord hin, der neue Stürmerstar Jürgen Klinsmann stand jedoch schon im September in Hoeneß' Büro und "hat mir gesagt: 'Mit dem geht es nicht.'"

Rehhagels Methoden galten der Startruppe des "FC Hollywood" als antiquiert, Mehmet Scholl schimpfte über die fehlende Taktik: "Wir stehen doch nur so gut da, weil wir so gute Einzelspieler haben." Beim Spiel in Rostock soll er Rehhagel zugerufen haben: "Halt's Maul, du alter Wichser!"

Beckenbauer spielte mit seinen Nebenjobs als TV-Kommentator und Zeitungskolumnist eine unrühmliche Rolle. Vor dem 1:2 gegen Gladbach habe er verhindert, rühmte er sich, dass "dieser Wahnwitzige", also Rehhagel, Scholl auf die Tribüne setzte. Auf St. Pauli schimpfte er über die "Schülermannschaft", sie solle "froh sein, dass ich nicht mehr Trainer bin".

Das änderte sich am 27. April 1996. "Und, meine Herren, passen Sie mir auf den Akpoborie auf. Sie wissen doch - die N**** wollen uns unsere Arbeitsplätze wegnehmen", soll Rehhagel die Bayern laut Spiegel noch gewarnt haben. Jener Jonathan Akpoborie traf für Rostock zum 0:1-Endstand - und Rehhagel war seinen Job los.

Keiner habe ihm gesagt, klagte Beckenbauer, "wer dieser Rehhagel wirklich ist". Zwar konnte auch er die erfolgreiche Titelverteidigung von Borussia Dortmund nicht mehr verhindern. Doch im UEFA-Cup gewann er nach dem Hinspiel (2:0) auch das zweite "Finale" am 15. Mai 1996 bei Girondins Bordeaux (3:1).

20 Jahre nach ihrem bis dahin letzten internationalen Titel hatten die Bayern nach Ajax Amsterdam und Juventus Turin jeden der drei Europapokale mindestens einmal gewonnen. Hätte das nicht auch der weggejagte Rehhagel geschafft? "Die Wahrscheinlichkeit", sagte Thomas Helmer dem kicker, "wäre nicht so groß gewesen."

 

SID