Niemand konnte ahnen, welchen Lebensweg Rudi Gutendorf einschlagen würde, als er am 30. August 1926, vor 95 Jahren also, in Koblenz das Licht der Welt erblickte. Als Spieler kickte er für seinen Heimatverein TuS Neuendorf, aber sein größtes Talent war es, Mannschaften zu trainieren. Die Rolle als Coach machte aus Gutendorf den Weltenbummler, aber auch den Paradiesvogel unter den deutschen Fußballlehrern.
Weltenbummler

Weltenbummler "Riegel-Rudi" Gutendorf im Jahre 2009 (Foto: SID)

Gutendorf steht mit 55 Trainer-Stationen in 32 Ländern auf fünf Kontinenten im Guinness-Buch der Rekorde und verdiente sich so den Spitznamen "Rudi Rastlos". Er wurde schon in jungen Jahren vom Fernweh getrieben. Mit den Worte "Machen se et jut" hatte der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer 1961 den 35-jährigen Gutendorf in sein erstes Abenteuer nach Tunesien verabschiedet.

Gutendorf liebte es, seine Fußball-Philosophie in alle Welt hinauszutragen. Dabei war er immer von der völkerverbindenden Funktion des Fußballs überzeugt. Gutendorf, der Menschenfreund.

Als sein persönliches Highlight beschrieb Gutendorf einmal sein Engagement in Ruanda, wo er für das "Wunder von Kigali" verantwortlich zeichnete. Fünf Jahre nach dem Blutrausch der Hutu-Milizen, dem 1994 rund 800.000 Tutsi zum Opfer fielen, vereinte der Deutsche Spieler aus den verfeindeten Stämmen in der Auswahl - eine diplomatische Meisterleitung. "Das war schöner als eine Meisterschaft, sicher meine größte Leistung als Trainer", betonte Gutendorf einmal. Hochrangige Politiker aus Ruanda besuchten ihn immer wieder in Koblenz, wenn sie auf Deutschland-Besuch weilten.

Gutendorf sah sich als Fußball-Entwicklungshelfer. Für seinen unermüdlichen Einsatz in vielen Ländern wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

In seinem Zuhause, einer ehemaligen Telegrafenstation im Westerwald, hing eine überdimensional große Karte. "Die Welt des Rudi Gutendorf" stand darüber. Alle seine Stationen waren aufgeführt: Egal ob Samoa, Ruanda oder Fidschi, Neukaledonien, Japan, Australien oder Peru. Gutendorf gefiel sich auch in der Rolle des Lebemanns, der sich gerne in der Karibik mit barbusigen Schönheiten ablichten ließ.

In Deutschland hatte er den Spitznamen "Riegel-Rudi" weg. Mit seiner Defensivstrategie führte er den Meidericher SV zur Vizemeisterschaft in der ersten Bundesliga-Saison hinter dem 1. FC Köln. "Diese Taktik mit der Doppeldeckung wird heute noch angewandt", entgegnete er später immer wieder kritischen Fragen zu seiner auf Torsicherung ausgerichteten Taktik.

Gutendorf gehörte zweifellos zu den schillerndsten Trainerpersönlichkeiten weltweit. Am 13. September 2019 starb Gutendorf im Alter von 93 Jahren.

 

SID