"Ich bin sicher", sagt Paul Breitner und lacht, "wenn ich auf dem Sterbebett liege, kommt einer und sagt: 'Hey Paul, bevor du abkratzt, erzähl mir bitte nochmal die Geschichte vom Elfmeter!'"
Breitner blickt auf seine erfolgreiche Karriere zurück (Foto: SID)

Breitner blickt auf seine erfolgreiche Karriere zurück (Foto: SID)

Die Geschichte vom Elfmeter ist nur eine von vielen Geschichten, die Breitners Leben nachhaltig prägten. Rückblick: WM-Finale 1974, Olympiastadion München, Minute 25. Deutschland liegt 0:1 gegen die Niederlande zurück, Bernd Hölzenbein wird im Strafraum gefoult.

Breitner schnappt sich den Ball, legt ihn auf den Punkt. Pikant: Vor dem Spiel hatte Bundestrainer Helmut Schön keinen Schützen bestimmt. Der damals 22-jährige Breitner bleibt cool, verwandelt links unten - und wird zum Helden. Denn "Bomber" Gerd Müller erzielt kurz darauf den 2:1-Siegtreffer, Deutschland wird zum zweiten Mal Weltmeister.

Viele Jahre später wurde Breitner klar: "Wenn ich gewusst hätte, was mit diesem Elfmeter passiert, hätte ich ihn garantiert nicht geschossen", sagte er in der Doku "Einfach Paul" des BR anlässlich seines 70. Geburtstags am 5. September: "Weil ich nicht geboren bin zum Helden."

Breitner, geboren im oberbayrischen Kolbermoor, war auch kein klassischer Held. Vielmehr polarisierte er, eckte an. Auf dem Rasen als Exzentriker mit Afro-Frisur und heruntergezogenen Stutzen, neben dem Platz als Rebell mit starker Meinung und Revoluzzer inklusive Foto mit Mao-Bibel.

Die Erfolge auf dem Grün sprechen aber für sich. Europameister 1972, Weltmeister 1974, dazu neben den Brasilianern Pele, Vava sowie dem Franzosen Zinedine Zidane nur einer von vier Spielern, die in zwei WM-Endspielen getroffen haben.

Mit dem FC Bayern wurde Breitner als Mittelfeldstratege mit außergewöhnlicher Kondition fünfmal deutscher Meister und zweimal Pokalsieger, er gewann den Europapokal der Landesmeister und wurde 1981 Fußballer des Jahres. Bei seinem Intermezzo bei Real Madrid krönte er sich zweimal zum Champion.

Ziemlich unwahrscheinlich ist, dass Breitner Hilfe von oben hatte - auch wenn er entfernt mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. verwandt ist. "Der Heilige Vater und meine Mutter hatten den gleichen Großvater", hatte Breitner vor Jahren dem SID gesagt.

Nach der aktiven Karriere ging Breitner oft mit der Fußballwelt auf Konfrontationskurs, via Zeitungskolumnen. Auch mit seinem guten Kumpel und einstigen Zimmerkollegen Uli Hoeneß. Beide sprachen nach einem Zerwürfnis kurz vor dem Karriereende jahrelang kein Wort miteinander.

Nach einer (kurzfristigen) Versöhnung arbeitete Breitner zehn Jahre lang bis 2017 als Markenbotschafter für den Rekordmeister. Ehe die denkwürdige Wut-Pressekonferenz von Hoeneß und Karl-Heinz-Rummenigge folgte - und Breitner in der Sendung "Blickpunkt Sport" die Bayern-Bosse heftig kritisierte.

Das Verhältnis mit Hoeneß ist bis heute frostig, auch wenn Breitner mit dem Klub nach eigener Aussage "quitt" ist. "Er hat sich ein Stück um seine eigene Karriere geredet", sagt Rummenigge. Aber das sei eben auch Paul. "Paul war immer authentisch, ein Exot, ein bisschen verrückt, aber auch immer interessant."

 

SID