Sepp Herberger hatte endgültig genug von den klassischen deutschen Fußballtugenden. "Es ist mein unabänderlicher Wille, mit dem starren, exerziermäßig eingedrillten Spiel unserer Mannschaft zu brechen", schrieb der Nationaltrainer im Januar 1937 in sein Tagebuch. Statt bloß durch Rennen und Kämpfen solle seine Elf künftig doch bitte durch fußballerische Eleganz und spielerische Feinkost glänzen.
Das Nationalteam von 1937 gegen den Rivalen aus Dänemark

Das Nationalteam von 1937 gegen den Rivalen aus Dänemark

Personell würfelte Herberger sein Team dafür fast komplett durcheinander - und schon vier Monate später fruchteten die Maßnahmen. Der 16. Mai 1937 steht für eine der größten Sternstunden des deutschen Fußballs, seine Mannschaft war an jenem Tag im damals so bezeichneten Hermann-Göring-Sportfeld von Breslau kaum wiederzuerkennen. Das Nationalteam deklassierte das als Rivale auf Augenhöhe geltende Dänemark mit 8:0 (4:0).

Doch noch weit mehr als vom reinen Ergebnis ging von der Art und Weise des Auftritts der deutschen Mannschaft eine Signalwirkung aus. "Die Breslau-Elf spielte sehr schnell, oft direkt, das Spiel wurde über die Flügel aufgerissen. Zum ersten Mal zeichnete sich ein Stil ab, den man als deutschen Stil bezeichnen kann", sagte Herberger-Nachfolger Helmut Schön später.

Alleine dem Mannheimer Otto Siffling gelangen fünf Treffer, selbst über ein zweistelliges Ergebnis hätten sich die Dänen nicht beschweren können. Taktische Raffinesse, blitzschnelles Spiel und feine Kombinationen - es war die Geburtsstunde der sogenannten "Breslau-Elf". Zehn von elf Spielen gewann Deutschland mit dem Kerngerüst jener Mannschaft im Jahr 1937, es ist bis heute die beste Jahresbilanz einer DFB-Elf.

Der Beginn einer Ära deutete sich an, doch dann kam alles anders. Statt als Topfavorit zur WM 1938 in Frankreich zu fahren, fiel das Erfolgsgerüst der Breslau-Elf wegen einer politischen Maßnahme der Nationalsozialisten auseinander. Nach der Angliederung von Österreich an das Deutsche Reich musste Herberger gegen seinen Willen bei der Weltmeisterschaft mindestens fünf Österreicher pro Spiel einsetzen.

Die neu zusammengewürfelte Truppe funktionierte bei der WM überhaupt nicht, schon in Runde eins war gegen die Schweiz Schluss. Letztlich verbaute die Politik der Breslau-Elf so ihre einzig echte Chance zur Krönung. Denn die nächste Weltmeisterschaft folgte wegen des Zweiten Weltkriegs erst zwölf Jahre später.

 

SID