Auch wenn mit Peter Stöger und Andres Herzog wieder einmal zwei österreichische Trainer in der engeren Auswahl standen, entschied sich der ÖFB nach der Bestellung von Marcel Koller und Franco Foda zum dritten Mal in Folge für einen Teamchef aus einem deutschsprachigen Nachbarland. Im Vergleich zu den vorigen beiden Coaches, blieb die Kritik der österreichischen Allzeitgrößen wie etwa Hans Krankl oder Herbert Prohaska dabei aber durchaus verhalten. Kein Wunder, denn mit Ralf Rangnick hat der ÖFB einen dicken Fisch an Land gezogen, der dem Nationalteam entscheidend weiterhelfen kann.

 Stadion

Abbildung 1:  von Pexels auf Pixabay

Große Hoffnungen ruhen auf dem Trainerwechsel

Auch Insider des internationalen Fußballgeschäfts, die viel Erfahrung im Fußball mitbringen, hätten sich wohl nicht getraut, viel Geld darauf zu setzen, dass Ralf Rangnick österreichischer Teamchef wird. Selbst als die ersten diesbezüglichen Gerüchte die Runde machten, trauten die Medien dem Braten noch nicht so richtig, schließlich hatte der Funktionär auch Verpflichtungen bei Manchester United.

Doch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel ist es tatsächlich gelungen, diesen dicken Fisch an Land zu ziehen. Mit der Verpflichtung von Rangnick sind in Österreich die Hoffnungen verknüpft, sich qualitativ wieder einen Schritt den großen Fußballnationen zu nähern und sich vor allem wieder einmal für ein internationales Großereignis zu qualifizieren. Bei der UEFA Nations League könnte es aktuell besser laufen, lediglich eines der vier Spiele konnte gewonnen werden, dennoch steht vor WM-Titelverteidiger Frankreich. Tatsächlich ist ein Gruppensieg rein rechnerisch nicht ausgeschlossen, auch wenn die Buchmacher der Fußball Wetten die Chancen recht gering beurteilen. Für die Weltmeisterschaft diesen Winter konnte sich das Team nicht qualifizieren. 

Darüber hinaus weiß der ÖFB selbstverständlich auch um die mediale Wirksamkeit ihres neuen Teamchefs. Das war in den letzten Tagen schon anhand der großen Berichterstattung in den österreichischen und internationalen Tageszeitungen bemerkbar und wirkte sich auch unmittelbar auf die Besucherzahlen aus.

Gegen Dänemark war das Happel-Oval bereits merkbar besser gefüllt als bei den letzten Spielen und gegen den Weltmeister aus Frankreich war die Hütte nach langer Zeit wieder einmal voll.

Das ist Ralf Rangnick: Der neue Trainer Austrias im Profil

Wo die Reise künftig hingehen soll, lässt Rangnick bereits in Aussagen in den Stuttgarter Nachrichten erkennen: „Österreich liegt auf Platz 34, und da sind Länder vor uns wie etwa Marokko, Ägypten oder Costa Rica, wo ich nicht weiß, ob das sein muss.“ Doch wer ist dieser Ralf Rangnick eigentlich und was befähigt ihn dazu, Österreichs Nationalmannschaft zu übernehmen?

Er kennt den österreichischen Fußball jedenfalls sehr genau und damit auch die Ansprüche. Denn von 2012 bis 2015 hat Rangnick als Sportdirektor bei Red Bull Salzburg gearbeitet und sich in dieser Funktion ein umfangreiches Bild vom Sport in Österreich machen können. Er war es schließlich auch, der den Salzburgern endgültig auf die Erfolgsspur verhalf, indem er allen Teams der Bullen eine einheitliche Spielphilosophie verordnete. Wohl gemerkt, nachdem sich an dieser Mission zuvor schon renommierte Trainer wie Giovanni Trapattoni, Ricardo Moniz oder auch Kurt Jara versuchten.

Im Trainergeschäft ist der mittlerweile 63-jährige Rangnick bereits seit 1983. Seine ersten Erfahrungen sammelte er zu dieser Zeit bei Viktoria Backnang als Spielertrainer. Doch schon bald sollten die Vereine, die er trainierte, wesentlich bekanntere Namen haben. Die Auswahl reicht dabei vom VfB Stuttgart über Hannover 96 und Schalke 04 bis zur TSG 1899 Hoffenheim und RB Leipzig.

Rangnicks Teams hatten dabei stets ihre eigene Art, Fußball zu spielen. Er gilt als Entwicklungshelfer für Teams, bei denen es im taktischen Bereich Defizite gibt. Vor allem das aktive Pressing spielt in seiner Spielphilosophie eine wichtige Rolle. Doch in Interviews betont Rangnick immer wieder, dass es ihm nicht darum geht, seine Art von Fußball auf Teufel komm raus umzusetzen. Viel wichtiger ist es ihm, erfolgreich zu sein und möglichst viele Spiele zu gewinnen.

Aufwärtstrend

Abbildung 2: von Gerd Altmann auf Pixabay

Erste Erfolge bestätigen Rangnick als gute Wahl für Österreich

Die ersten Spiele mit dem ÖFB-Team waren für Rangnick gleich eine echte Feuertaufe. Denn die Nations League Gruppe A mit Weltmeister Frankreich, Vize-Weltmeister Kroatien und den aktuell bärenstarken Dänen hat es in sich. Da zählt schon jeder Punkt als Erfolg.

Dass die Österreicher nach vier Begegnungen bei vier Punkten halten, hatten wohl nur große Optimisten erwartet. Vor allem die Kroaten waren vom Pressing der Österreicher überrascht und fanden beim 0:3 vor den eigenen Fans kein Gegenmittel.

Frankreich musste sich in Wien mit einem Unentschieden begnügen. Lediglich die Dänen wussten schon aus der WM-Qualifikation, wie mit den Österreichern umzugehen ist. Im Happel-Stadion benötigten sie dennoch Glück, um die Partie für sich zu entscheiden. Da waren die Österreicher dem Sieg näher.

Beim Rückspiel in Dänemark waren sie allerdings chancenlos. Für den akribischen Rangnick kein Grund, die Flinte gleich wieder ins Korn zu werfen. Im Gegenteil: Er wird seine Lehren aus der Begegnung in Dänemark ziehen und seine Spieler auf die kommenden Begegnungen noch besser vorbereiten.

Verdienste aus der Vergangenheit spielen bei der Kaderzusammenstellung dabei für ihn keine Rolle. Die Kaderauswahl erfolgt bei ihm streng nach dem Leistungsprinzip.

Volle Konzentration auf den ÖFB: Rangnick bleibt doch kein Berater für Manchester United

Hinter vorgehaltener Hand gab es auch in Österreich zunächst viel Kritik für die Entscheidung, einen Teamchef zu verpflichten, der bereits eine andere Funktion innehat.

Vielen Fußballgrößen wie etwa Lothar Matthäus war nicht klar, wie sich Rangnick in seiner Doppelrolle auf die Weiterentwicklung des österreichischen Nationalteams konzentrieren sollte. Und auch in Manchester kam unter anderem bei Gerry Neville nicht gerade Begeisterung auf, als Rangnick dem ÖFB als Teamchef zusagte.

Doch er zeigte sich einmal mehr konsequent und beendete in beiderseitigem Einvernehmen mit dem Club seine Tätigkeit als Berater für Manchester United, um sich voll auf die nächsten Spiele mit Alaba, Arnautovic und Co. zu konzentrieren.

Beim ÖFB ist Ralf Rangnick mit einem Vertrag bis zum Jahr 2024 ausgestattet. Die Nations League sieht er vor allem als gute Vorbereitung auf die anstehende Qualifikation für die nächste Europameisterschaft, die im Jahr 2024 in seinem Heimatland Deutschland stattfindet. Gelingt die Mission EM-Quali, so verlängert sich sein Vertrag dadurch automatisch bis 2026.