Hohenzell: "Wir sind die Ried-Kopie im Kleinformat"

Dieser Mann ist eine Kicker-Legende: Goran Stanisavljevic hinterließ im oberösterreichischen Fußball nachhaltig Spuren, prägte den Rieder Erfolgslauf der 90er Jahre. Der heute 47-Jährige führte die Innviertler 1995 in die höchste Spielklasse und 1998 zum ÖFB-Cupsieg. Auch im vergangenen Jahr sorgte „Stani“ für Aufsehen – diesmal von der Trainerbank aus: Unter seiner Führung errang der SV Bortenschlager Hohenzell etwas überraschend die Winterkrone in der 1. Klasse Süd-West. Im Interview mit unterhaus.at gewährt Stanisavljevic Rück- und Ausblicke.

Herr Stanisavljevic, Gratulation zum Herbstmeistertitel mit Hohenzell. Ein Erfolg, der Sie selbst überrascht?

"Ehrlich gesagt ja. Wir alle sind positiv überrascht. Ich wäre schon mit einem Platz in der Tabellenmitte zufrieden gewesen. Wir hatten anfangs etwas Glück, kamen dann in einen Lauf, Euphorie und Selbstvertrauen gesellten sich dazu. Es entwickelte sich eine Eigendynamik, mit dem Resultat, dass wir von der Spitze lachen. Nun muss ich dafür sorgen, dass niemand abhebt. Die Spieler müssen am Boden bleiben, sollen aber auch den Moment des Erfolges genießen dürfen."

Welche Faktoren waren ausschlaggebend für diesen Erfolgslauf?

"Ich würde sagen, viele Kleinigkeiten. Man darf nicht vergessen: Die gleiche Mannschaft, die nun von der Spitze lacht, spielte zuvor drei Jahre lang immer gegen den Abstieg. Ich übernahm das Team Ende der vergangenen Saison, setzte mir zunächst zum Ziel, eine gute Atmosphäre zu schaffen. Das scheint mir gelungen zu sein. Zu den Trainings kamen im Schnitt 22 Spieler, da kannst du auch als Trainer die Mannschaft schneller weiter entwickeln."

Wer zur Halbzeit vorne liegt, will auch am Ende die Nase vorne haben.

"Natürlich. Doch der Titel ist nach wie vor kein Muss. Der Vorstand gab mir vor Saisonbeginn zwei Vorgaben mit auf dem Weg: Erstens, den Klassenerhalt zu schaffen. Zweitens, junge, einheimische Spieler in der Entwicklung voran zu bringen. Ich würde sagen, ich habe beide Vorgaben bereits zur Halbzeit der Punktejagd erfüllt, sehe uns als Ried-Kopie im Kleinformat. Auch bei meinem Ex-Klub wurde mit den beiden Herbst-Meistertiteln schier Unmögliches möglich."

Wie schätzen Sie persönlich die Titelchancen ein?

"Ich sage es so: Du kannst mit Glück im Saisonverlauf drei, vier Spiele gewinnen. Wenn du aber zur Winterpause mit sechs Punkten Vorsprung die Tabelle anführst, dann zeugt dies auch von Qualität. Doch aufgepasst: Jedes Team wird im Frühjahr gegen uns 150 Prozent geben. Dennoch meine ich, wer im Herbst die Nummer eins ist, kann es auch im Frühjahr bleiben."

Wie geht es Ihnen angesichts des Erfolgslaufs?

"Ich genieße auch, aber mit Vorsicht, bin gespannt wie die Mannschaft mit der für sie ungewohnten Drucksituation im Frühjahr zurande kommen wird. Ich freue mich auch über die Begeisterung im Klub. Zum ersten Hallentraining im neuen Jahr kamen sage und schreibe 42 Spieler. Ich bin ein Trainer, der viel Wert auf Taktik, Technik und vor allem Training mit dem Ball legt. Der Ball ist bei jeder Übung mit im Spiel."

Gesetzt den Fall, der SV Hohenzell schafft den Aufstieg. Welche Veränderungen haben Sie im Hinterkopf?

"Was die Mannschaft betrifft, gar keine. Ich habe den Jungs bereits versprochen: Sollten wir den Aufstieg in die Bezirksliga schaffen, dann bekommen von mir auch alle die Chance, sich eine Liga höher zu behaupten. Ich finde, das gehört sich und wäre auch korrekt ihnen gegenüber."

Sie waren als Spieler sehr erfolgreich. Welche Ziele verfolgen Sie als Trainer?

"Ich mache den Trainerjob mehr aus Spaß und Vergnügen, aus Liebe zum Fußball. In meinem Job als Bus-Chaffeur habe ich oft Dienst bis 20 Uhr, das Traineramt in Hohenzell passt perfekt in mein Konzept. Eine Aufgabe in einer höheren Liga geht sich für mich allein aus zeitlichen Gründen nicht aus."

Herr Stanisavljevic, vielen Dank für das informative Gespräch.


Christian Reichel

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