Extra-Blick: Die Landesliga-Analyse mit Markus Rebernegg - "Kaderplanung ist Prozess über Monate!"

Die steirische Landesliga ist in der Zielgeraden angekommen. Nur sechs Spiele sind noch zu absolvieren. Wir haben kürzlich einen neuen Analytiker engagieren können. Markus Rebernegg wird zumindest bis Saisonende einen Blick auf die höchste steirische Spielklasse und den Amateurfußball generell werfen. Rebernegg coachte zuletzt den SV Feldbach in der Unterliga, war davor beim SV Wildon in der Landesliga und sehr erfolgreich bei TUS Bad Gleichenberg in der Regionalliga Mitte tätig.  

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LIGAPORTAL: Mit Marko Kovacevic ist am längsten dienendste Trainer der Landesliga zurückgetreten: Könnte das einen Impuls geben, wie der Verein hofft?

Markus Rebernegg: "Ich finde es sehr schade für Marko, dass seine sehr erfolgreiche Zeit in Gnas mit einer 0:11 Niederlage endete – so ein Abgang ist dem, was er leistete, nicht würdig. Er hat über eine unglaublich lange Zeit, sehr gute Arbeit geleistet und mit sehr vielen Spielern aus der Region einen erfolgreichen Fußball gespielt. In der Mannschaft war allerdings schon länger ein Generationenwechsel im Gange und wenn jedes Jahr einige Leistungsträger ihre Karriere beenden, dann geht das bei keiner Mannschaft spurlos vorüber. Ich würde mir für den Verein wünschen, dass dieser Trainerwechsel jetzt zu einem kleinen Neustart führt und Gnas in den nächsten Jahren wieder in die Landesliga zurückkommt. Der Verein gehört für mich einfach dorthin und das nicht nur wegen dem wunderschönen Stadion."

LIGAPORTAL: Ein Blick in den Sommer: ab wann beginnen die Vereine ihre Kaderplanungen und warum?

Markus Rebernegg: "Da es für mich ein Prozess über mehrere Monate ist und mehrere Gespräche beinhaltet, beginnt eine gute und nachhaltige Kaderplanung bereits in der Wintervorbereitung. Bis spätestens Mitte März sollte sich schon herauskristallisiert haben, welche Spieler den Verein verlassen möchten bzw. auf welchen Positionen man im Sommer Handlungsbedarf hat. Erst dann sollte man mit Spielern von anderen Vereinen sprechen. Viele Vereine vergessen leider oft auf die eigenen Spieler und gehen davon aus, dass die sowieso bleiben. Das sehe ich anders. Man sollte bevor man mit anderen Spielern spricht, immer mit den eigenen Spielern sprechen und versuchen alle an Bord zu halten. Das ist für mich ein Zeichen von Vertrauen und Respekt. Ich bin davon überzeugt, dass Teams, die mehrere Jahre hindurch das Vertrauen vom Verein bekommen in ihrer Konstellation zu spielen erfolgreicher sind, als Teams wo jedes Jahr 5-6 Spieler mit vermeintlich mehr individueller Qualität geholt werden."

LIGAPORTAL: Ein Blick nach oben: Der GAK hat den Aufstieg in die Bundesliga geschafft - wie gelingt so ein Coup? Nachhaltig von der 1. Klasse bis in die Bundesliga durchzumarschieren?

Markus Rebernegg: "Erst einmal freut es mich sehr, dass es der GAK heuer geschafft hat! Das war nur möglich, weil alle handelnden Personen (Vorstand, Spieler, Trainerteam, Medizinische Abteilung usw.) von Beginn an bereit waren mehr Zeit und Energie zu investieren, als es vielleicht in den jeweiligen Ligen üblich ist, um das große Ziel des Aufstiegs in die Bundesliga zu verwirklichen. Auch ich durfte den GAK auf diesem Weg 2 ½ Jahre als Co-Trainer begleiten, weshalb ich besonders Stolz über den Aufstieg in die Bundesliga bin. Schon in den untersten Ligen trainierten wir 4-mal pro Woche und anhand von Leistungstests wurden von mir individuelle Trainingspläne für die Vorbereitung erstellt, um nur ein paar Bespiele zu nennen. Wir wussten einfach, dass wir professioneller und härter arbeiten müssen als die anderen Mannschaften um erfolgreich zu sein, da einfach jede Mannschaft gegen uns spielte, als wäre es ein Finale und 120% gab. Dazu kam auch noch, dass es für viele selbstverständlich war, dass der GAK gewinnt, da sie noch immer den Verein aus der Bundesliga im Kopf hatten. Dass davon bis auf die Fanbasis zu dem Zeitpunkt allerdings nichts mehr übriggeblieben ist und erst wieder alles aufgebaut werden musste, vergessen dabei viele. Aus diesem Grund muss man vor den Verantwortlichen den Hut ziehen! Es wurde immer mit Ruhe und mit einem langfristigen Plan vor Augen gehandelt – der schnelle Erfolg war dabei nie im Fokus. Ihr größtes Ziel war es stets den Verein gesund aufzubauen und nachhaltig wachsen zu lassen – nur so schafft man es durchzumarschieren."

LIGAPORTAL: Zurück in den Amateurbereich in die Landesliga: Wie amateurhaft ist die Landesliga oder Regionalliga überhaupt noch?

Markus Rebernegg: "Wenn ich an meine Zeit als Co - Trainer bei der Austria Lustenau zurückdenke, dann muss ich sagen, dass viele Amateurvereine in der Landeliga oder Regionalliga heutzutage besser aufgestellt sind als wir das damals waren. Das liegt zum einen an der technologischen Weiterentwicklung und zum anderen an der immer größer werdenden Empfänglichkeit der Vereine dafür. Neue technologische Hilfsmittel wie Kamerasysteme und Trackingsysteme zur Belastungssteuerung, werden für kleinere Vereine immer attraktiver. Der größte Unterschied liegt neben der Trainingshäufigkeit, die aufgrund der Berufstätigkeit der Spieler und Trainer weniger ist, vor allem an der Zusammensetzung des Betreuerstabs. Hier wird leider oft bei den Spartentrainern (TW-Trainer, Athletiktrainer) und der medizinischen Abteilung, wie Physiotherapeuten oder Masseure gespart, was meiner Meinung nach der falsche Ansatz ist. Ein guter Betreuerstab mit der Unterstützung von technologischen Hilfsmitteln kann dir über die ganze Saison gesehen sicher mindestens 1-2 verletzte Spieler ersparen, was wiederum zu einem größeren Konkurrenzkampf, mehr taktischer Flexibilität, einer geringeren benötigten Kaderbreite und im Endeffekt zu mehr Erfolg mit weniger Kosten führt."

LIGAPORTAL: Stimmt der Spruch: eine starke Offensive gewinnt Spiele, eine starke Defensive Meisterschaften?

Markus Rebernegg: "Wenn man die Landesligameister der letzten Jahre ansieht, dann stimmt dieser Spruch ganz klar und das ist für mich auch ganz leicht erklärt. Wenn bei einer Mannschaft die Defensivarbeit super funktioniert ist es auch viel leichter in der Offensive zu überzeugen. Hauptausschlaggebend ist für mich aber die Balance zwischen der Defensive und der Offensive, welche vor allem durch die Positionierung in der Restverteidigung, das Defensive Umschaltverhalten und die Bereitschaft den Ball zurückzuerobern geprägt ist."

Foto: RIPU Sportfotos

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