Extra-Blick: Die Landesliga-Analyse mit Christian Waldl - "Langfristige Perspektiven statt kurzfristigem Erfolg!"

Mehr als zwei Drittel der Saison sind gespielt in der steirischen Landesliga. Allein im Frühjahr hat es bereits die eine oder andere Überraschung gegeben. Wir haben für das Frühjahr einen Analytiker für die höchste steirische Spielklasse gewinnen können, nämlich Christian Waldl, zuletzt Trainer beim SV Ilz, in der Vergangenheit aber auch schon Coach beim SV Lafnitz, mit dem er auch in die Regionalliga aufgestiegen war. Wir haben mit ihm die jüngste Runde analysiert. 

LIGAPORTAL: 22. Runden sind gespielt: Voitsberg wird nicht mehr aufzuhalten sein, oder?

Christian Waldl: "Das 1:1 gegen Judenburg war natürlich eine große Überraschung, allerdings kann sich Voitsberg den einen oder anderen Ausrutscher erlauben. Sie werden nicht vom Thron zu stoßen sein, zu komfortabel ist die Tabellensituation und die Mannschaft kann in entscheidenden Phasen noch sportlich zulegen. Richtungsweisend werden die direkten Duelle gegen die nächstplatzierten Teams sein."

LIGAPORTAL: Vereine wie Gnas setzen auf viele einheimische Kicker: Wie wichtig ist so was?

Christian Waldl: "Gnas bestreitet diesen Weg bereits seit vielen Jahren und kann als „Gallisches Dorf“ bezeichnet werden. Der Verein gibt Trainern und Spielern Zeit zur Entwicklung und profitieren mit dieser Strategie. Auch nach Rückschlägen und schwierigen Saisonen wird auf Beständigkeit gesetzt und heuer spielt die Mannschaft wieder im Mittelfeld der Tabelle mit, auch wenn zuletzt die Ergebnisse etwas ausgeblieben sind. Eine derartige Linie sorgt für hohe Identifikation zwischen Verein und Fans und wirkt sich auch positiv auf die Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz in der Bevölkerung aus. Mit der Errichtung der neuen Spielstätte hat Gnas einen wichtigen Schritt für eine langfristige Positionierung geschaffen und kann als sehr positives Beispiel in der Landesliga herausgegriffen werden. Vielleicht nehmen zukünftig vermehrt Vereine diese Tugenden auf und setzen auf langfristige Perspektiven, anstatt den kurzfristigen Erfolg zu suchen."

LIGAPORTAL: Sturm-Trainer Ilzer hat zuletzt gemeint, dass Salzburg näher an ManCity ist – wie wirkt sich so was auf den Amateurfußball aus? Bzw. was bedeuten derartige Dominanzen für den Breitensport?

Christian Waldl: "Ich möchte diese Fragestellung auf die sportlichen Alleinstellungsmerkmale dieser Teams lenken und die finanziellen Rahmenbedingungen außen vorlassen. ManCity prägt mit Coach Pep Guardiola einen Ballbesitzfußball, der mit der Hinzunahme von Erling Haaland und somit eines echten Paradestürmers, nun jedes taktische Konzept bespielen kann. Salzburg steht seit vielen Jahren für aggressives Angriffspressing und sprintintensiven Tempofußball und Sturm Graz unter Christian Ilzer steht für systemtreues 4-4-2 mit Raute, exaktes Positionsspiel und schnelles Umschaltspiel. Alle drei genannten Teams sind äußerst erfolgreich in der Umsetzung der auferlegten Philosophie. Und nun der Konnex zum Amateur bzw. Breitenfußball. Es können viele Wege zum Erfolg führen, entscheidend ist ein Plan, der vom Verein, über Trainerteam, das Vereinsumfeld bis zu den Spielern durchgezogen wird. Dominanzen können nur entstehen, wenn einerseits sehr gut gearbeitet wird und andererseits die Konkurrenz nicht im Stande ist, selbst für Alleinstellungsmerkmale zu sorgen. Tendenzen, die ich momentan vom Spitzenfußball hin zum Amateurfußball wahrnehme, sind das Spiel mit Stoßstürmern, die Systemflexibilität in der Abwehr mit 4er- oder 5er Ketten, die Reduzierung von überproportionalen Ballbesitzfußball wieder hin zu konkreten Umschaltspiel oder Konterspiel und das Ausschöpfen des vollen Wechselkontigents von 5 Spielern."

LIGAPORTAL: Judenburg weiß zu überraschen wie jetzt gegen Voitsberg: Muss man doch noch rechnen mit den Murtalern?

Christian Waldl: "Wie bereits in den vergangenen Wochen betont, habe ich Überraschungen von Judenburg für möglich gehalten. Trotz schwieriger tabellarischer Ausgangssituation trauen sich die Judenburger mutig mit allen Gegnern mitzuspielen. Bei allem gebotenen Respekt gegenüber Judenburg wird den Murtalern allerdings der Abstieg am Ende der Saison nicht erspart bleiben, da Konkurrenz und Punkterückstand zu groß sind."

LIGAPORTAL: Horrorzusammenprall bei Liezen gegen Bruck: Wie wichtig ist mittlerweile die Athletik im Amateurfußball?

Christian Waldl: "Unglückliche Zusammenstöße können im Fußball leider immer wieder passieren. An dieser Stelle möchte ich Genesungswünsche an Romario Cekaj ausrichten. Grundsätzlich denke ich, dass die Athletik im Amateurfußball in den letzten Jahren enorm zugenommen hat. In der Landesliga ist es mittlerweile üblich neben dem Mannschaftstraining regelmäßig Athletikeinheiten zu absolvieren. Dadurch wurden die Spiele schneller, intensiver und auch ausgeglichener. Höhere Fitnesslevels der Spieler sollten tendenziell Verletzungen reduzieren. Entscheidend dabei ist immer eine gute Belastungssteuerung, also das Verhältnis zwischen Belastung und Regeneration. Da Fußball einerseits Kontaktsport ist und andererseits viele Stop and Go Bewegungen beinhaltet, werden Verletzungen an Bändern, Sehnen, etc. nie ganz zu verhindern sein."

LIGAPORTAL: Wer wird Best of the Rest in der Landesliga?

Christian Waldl: "Lebring und Fehring spielen bislang eine starke Frühjahrssaison und könnten sich hinter Voitsberg positionieren. Die beiden Teams haben Konstanz in ihre Ergebnisse gebracht und haben ausgeglichene und konkurrenzfähige Kader, um sich auch mit Voitsberg zu messen. Mettersdorf scheint nach den jüngsten Meldungen zur Zukunft des Vereins doch etwas außer Tritt gekommen zu sein. Beeindruckend ist die Frühjahrsbilanz von Wildon. Aus 7 Spielen konnten 18 Punkte gesammelt werden. Somit wurde das Feld von hinten aufgerollt und befindet sich bereits auf Rang 5, nachdem man auf Rang 11 überwintert hat."

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