Der Missing Link ist rund

In einer Realität steigender Migration und interkultureller Irritationen öffnet der Fußball ein Tor zur Integration wie kaum ein anderer Ansatz der Annäherung. Trotz hilfreicher Assistgeber in Form von Maßnahmenvorschlägen müssen Institutionen und Vereine bis zur erfolgreichen Verwertung der gesellschaftspolitischen Großchance noch einige Meter zurücklegen. Speziell einige Projekt-Sololäufe haben sich aber bereits als zielführend erwiesen.

 

Eine Erhebung der Statistik Austria weist knapp 1,579 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus, die in Österreich leben. Das sind 18,9 Prozent der Gesamtbevölkerung, Tendenz steigend. In der Proportionalität zur stetig wachsenden Bevölkerungsanzahl dieses Segments liegt auch die Zunahme interkultureller Irritationen und Probleme im Alltag begründet. Mancherorts wird freilich bereits die steigende Tendenz allein, gepaart mit traditionell behaftetem Klischeedenken, als Problem definiert. Einige sehen es wertfrei als Zeichen der Globalisierung. Andere als Begleiterscheinung der aus der Historie gewachsenen Rolle Österreichs als Einwanderungsland in Zentraleuropa. Die Gründe sind vielfältig, die Meinungen dazu ebenso. Unbestritten bleibt jedoch, dass die zunehmende Migration Realität ist – und als Folge zielführende Maßnahmen zur Integration unerlässlich sind.

Internationalen Definitionen zufolge umfasst die „Bevölkerung mit Migrationshintergrund“ alle Personen, deren Eltern im Ausland geboren sind, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Wie aus dem österreichischen Integrationsbericht 2013 hervorgeht, lag in 44 der insgesamt 2.354 Gemeinden der Anteil der Bevölkerung ausländischer Herkunft an der Gesamtbevölkerung zu Jahresbeginn über 25 Prozent. Bei einer Aufzählung dieser Gemeinden fällt auf, dass speziell der Zentralraum Oberösterreichs signifikant vertreten ist. Neben Linz und Wels sind etwa auch Traun und Ansfelden angeführt. Kein Wunder, wenn dort die Rufe nach Maßnahmen zur Integration an Dezibel gewinnen, verknüpft mit der Annahme, dass Isolation und Ablehnung etwa als Nährboden für Straftaten dienen und eine bessere Eingliederung in die Gesellschaft eine gute Präventionswirkung hätte. Der Sport wäre ein adäquater Ersthelfer, speziell der Fußball ein Schlüssel zum Tor der Integration.

Multikulturalität in Reinkultur

Keine 500 Meter entfernt von einem der meistfrequentierten Streckenabschnitte der Westautobahn befindet sich die Sportanlage der DSG Union Haid. Awaz Abdalkarim, Mohamed Al Obaidi, Erkan Bayrak, Ado Hrbatovic, Semih Mehmedi, Jorde Pocev, Denzel Massele – allein die Kaderliste lässt vermuten, was man beim Verein in der 1. Klasse Mittewest findet: Multikulturalität in Reinkultur! In der Fußballsektion tummeln sich zahlreiche Aktive, deren Wurzeln in insgesamt 18 Ländern wie Syrien, Somalia, Irak, Tibet oder auf den Philippinen liegen. „Speziell im Jugendbereich gibt es Teams, die sich fast ausschließlich aus Kindern von Migranten zusammensetzen. Diese Quote hat sich in den letzten fünfzehn Jahren massiv gesteigert“, weiß Stefan Leyerer. Der 31-Jährige war selbst lang als Spieler in Haid aktiv und nimmt sich nun als Beirat im Vereinsvorstand um das Integrationsthema an. Eine notwendige wie nachhaltige Maßnahme, angesichts der heterogenen Mischung der Vereinsmitglieder, für die es eine einfache Erklärung gibt. In Haid, einem Stadtteil von Ansfelden, waren einst viele Übergangswohnungen angesiedelt, die der Staat Asylanten angeboten hat, um nach dem eben erst erhaltenen positiven Bescheid Fuß fassen zu können. Viele von ihnen sind in der Folge im Umkreis der 16.000-Einwohner-Gemeinde langfristig sesshaft geworden.

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Mittlerweile ist das Thema Integration innerhalb des Vereins omnipräsent, wenn auch aus der Notwendigkeit heraus geboren. Der Antrieb dahinter ist das Schaffen eines guten Klimas, nicht etwa die Prävention von Straftaten. Das ist eine Begleiterscheinung jenes Prozesses, der mit Integration durch Sport eingeleitet wird und als Ziel die Inklusion der Menschen mit Migrationshintergrund hat. Diese definiert sich dahingehend, dass jeder Mensch in seiner Individualität von der Gesellschaft akzeptiert wird und die Möglichkeit hat, in vollem Umfang an ihr teilzuhaben. Im Klubheim zeigt sich das anhand klassischer Merkmale wie einem respektvollen Miteinander, Toleranz als Kontrapart zu Diskriminierung und Rassismus oder anhand eines ausgeprägten Wir-Gefühls. Zwischen Österreichern und Ausländern sowie zwischen den Migranten untereinander. Dabei sind aber nicht nur die Sportler, sondern ist auch das Umfeld mit Funktionären und Fans gefordert. „Man muss als Verein offen sein, dieser Prozess braucht Zeit. Oft kann man da eine gewisse Überforderung orten, wie man das Thema anpackt – und öfters kehrt eine gewisse Müdigkeit und Resignation ein, wenn ein paar Ansätze nicht sofort erfolgreich waren“, sagt Leyerer, „wir haben das jetzt gut im Griff. Es ist allerdings auch ein Vorteil, wenn so viele Nationen und Kulturen zusammenkommen. So kann es eigentlich mit Deutsch nur eine gemeinsame Sprache zur Verständigung geben.“

Sport als Brückenbauer

Nicht nur die Migranten benötigen für die Eingliederung Zeit – auch die heimischen Vereinsmitglieder zur Umstellung und Bewusstseinsbildung. „Das Vereinsleben ist klassisch österreichisch geprägt. Ein möglicher Grund, warum sich viele aufgrund ihres kulturellen Backgrounds erschwert identifizieren. Das beginnt beim Angebot in der Kantine. Mittlerweile wird bei uns automatisch eine Alternative zum Schweinefleisch eingekauft oder es werden Trainingszeiten verschoben aus Rücksicht auf den Ramadan“, berichtet Leyerer. Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung. Die im Sport noch leichter realisierbar sind, da in diesem Bereich die Kluft und Vorbehalte, die sich im Alltag zwischen Migranten und Einheimischen zeigen, viel weniger ausgeprägt sind. Der Sport ist tatsächlich ein Brückenbauer, die Antwort auf die Suche nach dem Missing Link. Attribute wie Einsatz, Leidenschaft und gemeinsame Zielsetzungen lassen Barrieren wie Sprache, Herkunft oder Hautfarbe zerbröckeln. Und ganz speziell der Fußball kehrt die integrative Wirkung hervor. Als Mannschaftssportart von Welt, in der für alle die gleichen Regeln gelten, die sozialisiert und erzieht. Die in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen wie Wirtschaft, Politik, Bildung oder Kultur zirkuliert und zudem in punkto Mode, Ernährung oder etwa Trendsetting polarisiert. Die Jung und Alt quer durch alle Gesellschaftsschichten begeistert. Der Fußball bietet aufgrund seiner dem Reglement zugrunde liegenden Beschaffenheit und dank seines lokalen Stellenwerts in Verbindung mit der globalen Anziehungskraft perfekte Rahmenbedingungen, ein einladendes Stadion für ein fortgeschrittenes Stadium der Integration. Der Begriff Mannschaftsteil ist kein Fingerzeig auf die Viererkette, sondern erfasst das Individuum als wertvollen Teil der Mannschaft.

Ein weiteres entscheidendes Argument für die Pole Position des runden Leders als Instrument im gesellschaftspolitischen Kontext ist die niedrige Eintrittsbarriere. „Diese Sportart ist leistbar, der Zugang für einkommensschwache Personen daher einfacher. Faktoren wie Gruppendynamik, gemeinsame Erfolgserlebnisse oder der Aufbau von Freundschaften haben positiven Einfluss auf das Leben der Spieler, die zudem einen Ausgleich zum Alltag finden. Und Jugendliche lernen, sich mit Regeln und Strukturen zurechtzufinden“, erklärt Leyerer. Das Akklimatisieren mit einem neuen Umfeld wird erheblich erleichtert. „Im Sportwesen wird überwiegend im Fußball Integration betrieben, ob bewusst oder für manchen unbewusst. Der Fußball spricht weltweit eine Sprache“, unterstreicht Franz Breitenthaler. Der Sektionsleiter-Stellvertreter ist seit Jahren federführend beim Integrationsprojekt des USC Attergau engagiert. Der Unterhaus-Klub im Süden Oberösterreichs liegt geografisch in unmittelbarer Nähe zur Erstaufnahmestelle Thalham. „Jeder Flüchtling, der will, kann bei uns mittrainieren. Wir ermöglichen eine Annäherung an die westliche Gesellschaft, im Vordergrund stehen der kulturelle Austausch, sportliche Fitness und gegenseitige Wertschätzung. Wir wollen Bewusstsein für Fairplay schaffen und gegen Vorurteile ankämpfen. Der Sportplatz ist nicht nur Stätte des Sports, sondern auch des Dialogs“, so Breitenthaler. Wie erfolgreich das Projekt ist, zeigt sich exemplarisch in Person von Ekrem Zeka. Seine Existenz wurde im Kosovokrieg im wahrsten Sinn des Wortes gesprengt – ehe er sie nach der Flucht gemeinsam mit seiner Familie im Salzkammergut wieder aufgebaut hat. „Wir wollten uns gleich auf eigene Füße stellen und unter die Einheimischen mischen, weil wir überzeugt waren, dass das für unsere Integration sicher förderlich ist. Ich bin dem USC Attergau unglaublich dankbar. Dort sind so nette Leute, die mich im Fußballverein toll aufgenommen und meinen Start in Österreich erleichtert haben“, erinnert sich der 40-Jährige, „bei meiner Ankunft sind alle noch ein bisschen auf Distanz gegangen. Nach einem Jahr wollte mich jeder auf einen Kaffee einladen.“

Leitlinien für Integrationsarbeit

Der Fußball beweist sich oft und vielerorts als Soforthelfer und Schlüssel zum Tor der Integration. Letzterer verliert seine Funktion als (Welt-)Öffner freilich nicht selten an den Grenzzäunen der Sportanlagen. Die vom Sportministerium in Auftrag gegebene Studie „Integration und soziale Inklusion im organisierten Sport“ weist auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen hin, dass Sport zwar eine integrationsfördernde Wirkung haben kann, diese durch die bloße Teilhabe von Migranten allein jedoch nicht gewährleistet ist. Vereine können bestimmte Funktionen im Integrationsprozess übernehmen, aber nicht alleine reparieren, was in vielen anderen gesellschaftlichen Subsystemen wie Schule, Arbeitsmarkt oder Wohnungsmarkt versäumt wird. Und selbstverständlich ist auch bei den Bestrebungen und der Arbeit in den Vereinen und Institutionen noch viel Luft nach oben. Die Autoren der Studie, Christoph Witoszynskyj und Winfried Moser, stellen sieben fundamentale Leitlinien für zielführende Integrationsarbeit im organisierten Sport auf: Bewusstseinsbildung in den Vereinen, öffentliches Bekenntnis zur Integration, Mitbestimmung und Partizipation stärken, Öffnung, Vernetzung, Nachhaltigkeit und Empowerment. Zudem werden konkrete Maßnahmen für Vereine und Verbände präsentiert. Die Betonung von Fairplay, Respekt und Toleranz, die Verankerung der Integrationsbestrebungen in Statuten und Mission Statements oder die Bereitstellung von Infrastruktur, Know-how und Personal für Integrationsmaßnahmen sind eigentlich mit dem Stempel Grundvoraussetzung versehen.

Ein Blick in die Praxis entlarvt diese Annahme jedoch als Irrglauben. Nur wenige Vereine haben sich beispielsweise zur Ernennung eines Integrationsbeauftragten durchgerungen, selbst dies meist nur aus Gründen der Notwendigkeit und oft resultierend aus Eigenantrieb und beruflichem Background derjenigen Person. Breitenthaler etwa war hauptberuflich Referatsleiter in der Erstaufnahmestelle Thalham, Leyerer ist als Streetworker in der Jugendsozialarbeit tätig. Mit der Sensibilisierung der anderen Vereinsmitglieder entpuppt sich ihr erster und wichtigster Arbeitsschritt oft auch als der längste Entwicklungsprozess. „Für ein Umdenken bedarf es Zeit. Mittlerweile merkt man bei der Union Haid, dass die Leute sensibilisiert wurden. Es sind sicher noch Klischees da, aber es bewegt sich was“, zieht Leyerer ein positives Zwischenfazit. Erst in dieser Phase kann man tiefer in die Materie eindringen. Sportevents sollen stärker auf migrantische Zielgruppen ausgerichtet, interkulturelle Veranstaltungen organisiert sowie Netzwerke zu Schulen, politischen Institutionen, Unternehmen oder Medien aufgebaut und genützt werden. Speziell die Kontaktherstellung in Richtung migrantischer Unternehmen und Medien rückt die Studie in den Fokus. Die Bereitstellung mehrsprachiger Information wie beispielsweise in Form einer bilingualen Website kann man andenken. Essentiell sind aber vor allem zwei Maßnahmen, die interkulturelle Weiterbildung von Funktionären und Trainern sowie die Einbindung von Migranten in Entscheidungsprozesse. Punkt eins fällt in den Verantwortungsbereich übergeordneter Sportinstitutionen, Punkt zwei ist eine Bringschuld der Vereine. „Migranten in der Rolle des Funktionärs hätten Symbolwirkung und könnten das etablierte Hierarchiegefälle aufbrechen. Entscheiden tun letztendlich die Österreicher – das ist die Praxis und hat sich auch im Denken der Zuwanderer eingeprägt. Eröffnet man ihnen aber die Chance zur Ausübung einer Führungsposition, gewinnen sie an Selbstwert und der Klub setzt ein deutliches Zeichen“, erklärt Leyerer.

Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung

In der Praxis ist diese – plakativ umrissene – Metamorphose vom Platzwart oder Ordner zum Sektionsleiter oder Obmann aber selbst bei der Union Haid nicht einfach umzusetzen. „Die Migrantenquote dünnt sich nach oben hin aus, in der Jugend gibt es viele, in der Kampfmannschaft schon weniger und auf Funktionärs- und Vorstandsebene fast keine.“ Das Wachrütteln im Epizentrum der Multikulturalität lässt noch auf sich warten. Zaghafte Ausschläge auf der Richter-Skala der Annäherung gibt es jedoch bereits. Die von der Bundessportorganisation eingegangene Kooperation mit dem Magazin biber, dessen Rezipientenkreis sich aus Menschen mit Migrationshintergrund rekrutiert, setzt eine in der Studie vorgeschlagene Maßnahme um. Die BSO möchte über diesen Kommunikationskanal der Zielgruppe den österreichischen organisierten Sport und dessen vielfältigen Angebote präsentieren und Karrierechancen aufzeigen. Obwohl davon auszugehen ist, dass es weniger an der Bereitschaft der Migranten, als vielmehr an der Aufgeschlossenheit der Vereine mangelt. Die Zeit wäre reif für ein neues Paradigma. Für eine Verbannung latenter furchtdominierter Denkmuster, die Migranten als Symbionten der Kriminalität und das Bestreben hin zur sozialen Inklusion als gesellschaftlichen Zwang klassifizieren. Vielmehr sollte man sich die Frage stellen, welche Vorteile die bewusst beabsichtigte Einbindung von Migranten für alle im Verein evozieren könnte. Darunter fällt abseits der erstrebenswerten Herstellung eines harmonischen Miteinanders die Aussicht auf zu erschließende neue Zielgruppen auf diversen Stakeholder-Ebenen, von Aktiven über Personal und Fans bis hin zu Sponsoren. Unter diesem Aspekt wäre Integrationsarbeit in Sportvereinen positiver besetzt.

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In punkto Weiterbildung gibt es dagegen mehr Bewegung. Die Initiative FairPlay am Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) ist eine Servicestelle, die in Kooperation mit Verbänden, Vereinen, Spielern und Fans das integrative Potenzial des Fußballs in den Vordergrund stellt. Der „Integrationspreis Sport“ verzeichnete 2013 unter der Schirmherrschaft des zuständigen Ministers Sebastian Kurz einen neuen Rekord an Projekt-Einreichungen. Die BSO und der Integrationsfonds (ÖIF) haben Sportfunktionäre zu einer Tagung geladen, um für dieses Thema zu sensibilisieren. Die Arbeitsgemeinschaft „Sport und Integration“ unter dem Dach des Sportministeriums hat die Veranstaltungsreihe „Interkulturelle Kompetenz im Sport“ ins Leben gerufen, um diese Schlüsselqualifikation für Führungskräfte und Vereinsverantwortliche zu schärfen. Auf der Agenda standen praxisbezogene Themen wie beispielsweise Konfliktvermeidung und unterschiedliche Ernährungs- und Hygienegewohnheiten. Diese Auflistung einiger Beispiele zeigt, dass in den letzten Jahren der Ruf nach Notwendigkeit von Maßnahmen von übergeordneten Institutionen aufgegriffen wurde. Die Bedürfnisse jener, die tagtäglich mit dem Spannungsfeld zwischen Migration, Sport und Emotion konfrontiert sind, erfahren damit freilich noch nicht ausreichend Befriedigung. „Integration sollte ein Modul bei der Trainerausbildung sein. Diejenigen, die als erste und in der Folge am häufigsten mit Migranten in Kontakt kommen, sind ja die Trainer“, wirft Breitenthaler ein. In diesem Fall sind die Verbände am Zug. Der ÖFB ist jedenfalls aufgesprungen. „Wir beschäftigen uns bereits intensiv damit, wie Maßnahmen und Inhalte zum Thema Integration am besten vermittelt werden können. Es laufen Gespräche mit dem Bundesministerium, um für interessierte Vereine die Möglichkeit einer Teilnahme an Workshops zu schaffen, die von Experten abgehalten werden. Es liegt auf der Hand, dass es keinen Sinn machen würde, wenn unser Lehrpersonal diesen Themenbereich abdeckt, da dafür geschulte und mit dieser Thematik vertraute Personen notwendig sind“, erklärt Sportdirektor Willi Ruttensteiner.

Kleine Projekte mit großer Wirkung

Damit wird die zweite Phase eingeläutet, nachdem im vergangenen März ein Image-Spot für erfolgreiche Integration im Fußball präsentiert worden war. Analog zur Botschaft „Die Eltern kamen als Migranten, die Söhne spielen für Österreich“ waren David Alaba, Aleksandar Dragovic, Zlatko Junuzovic und Veli Kavlak über Kino-Leinwände, Stadien-Vidiwalls und Social-Media-Kanäle geflimmert und haben dann auch in Form eines Inserats in Printmedien schwarz auf weiß dokumentiert, wie der Fußball das Tor zur sozialen Inklusion aufstoßen kann. Die Kampagne hat ihre Wirkung zur Bewusstseinsbildung einer breiten Öffentlichkeit nicht verfehlt, gleichsam durch ihren innovativen Entstehungsansatz aber unterstrichen, dass Österreichs Sport und Gesellschaft mitunter noch im Stadium der Sensibilisierung verharren. Die praktische Umsetzung eines Angebots für die sogenannten kleinen Vereine mit ihren Trainern und Funktionären würde die Weitergabe eines Werkzeugs mit sich bringen, mit dem multikulturell bedingte Risse teilweise oder sogar zur Gänze gekittet werden könnten. Denn so sehr die Karrieren von Alaba & Co. schillernd als Leuchtturm der Sensibilisierung für das Thema Integration dienen, so sehr finden No-Names mit Migrationshintergrund ihren Anker in der Gesellschaft ausgerechnet bei Vereinen wie der Union Haid. Oder beim USC Attergau. „Es ist immer einer Frage der Ressourcen. Diverse Preisausschreibungen oder Kampagnen leisten sicher einen wesentlichen Beitrag für das große Ganze. Aber es soll nicht die Tatsache überdeckt werden, dass im österreichischen Sport in diesem Bereich noch zu wenig passiert und an der Basis eingesetzte Ressourcen sicher am effektivsten sind“, betont Leyerer.

Denn die Schrittmacher im Prozess der Integration durch Fußball werden immer die Akteure auf Klubebene bleiben. Prominente Testimonials können und sollen aus der Perspektive des Elfenbeinthrons nicht über die Hürden der tatsächlichen Realität hinwegtäuschen, dafür aber den Hürdenläufern Hoffnung geben. Das ist in Deutschland nicht anders. Der Berliner Verein „MitternachtsSport“ für interkulturelle Sozialarbeit bietet Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, indem gemeinsam gekickt wird. 2007 hat Ismael Öner sein Projekt aus der Taufe gehoben, um mit der Kraft des Fußballs die Probleme des Alltags zu lösen und das Gesetz der Straße mit den Regeln des Fairplays zu beantworten. Mittlerweile engagieren sich Stars wie Jerome Boateng, Sami Khedira oder Mesut Özil für die Initiative, die jährlich in Millionenhöhe gefördert wird und 2013 sogar den „Bambi“ für Gewaltprävention und Integration erhielt. Ein weiterer Beleg, dass Projekte kleinen Ursprungs große Wirkung haben können. Sie haben ein nachhaltiges Ziel sowie eine unglaubliche Eigendynamik und sie opfern die einmalige Chance, die das Phänomen Fußball mit seinen Nebeneffekten bietet, nicht am Altar des inflationär werdenden Aktionismus. Stattdessen integrieren sie eine immer größer werdende vermeintliche Minderheit in die Gesellschaft – und offenbaren gleichsam die soziale Tragweite und den Spiegel des modernen Fußballs abseits von Gegenpressing und falscher Neun auf der Taktiktafel.

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