Geretsberg-Coach Meindl: „Auch Corona kann uns Mut und Zuversicht nicht rauben“

Hinter Herbstmeister Vienna FC platzierte sich die Union Geretsberg auf Platz zwei in der 2. Frauen-Bundesliga. Trotz Bedauerns, dass diese Top-Zwischenplatzierung vielleicht sogar in der Endtabelle erreichbar gewesen wäre, immerhin wurde auch der Dritte, Carinthians Spittal/Drau um vier Punkte distanziert, strahlt Cheftrainer Andreas Meindl Optimismus hinsichtlich der weiteren Entwicklung seiner Mannschaft aus, wie er Ligaportal im Interview verrät.

 

Andreas, wie denkst Du über den Abbruch der Amateur- und natürlich auch Frauen-Bewerbe?

"Für mich steht außer Frage, dass dies notwendig und richtig war. Natürlich ist es schade um unsere guten Leistungen im Herbst, aber ich nehme es sportlich, denn es hat alle gleich betroffen. Die abstiegsgefährdeten Teams sind halt noch einmal „von der Klippe gesprungen“ und die Tabellenführer sind alle durch höhere Gewalt um die Früchte ihrer harten Vorbereitung gebracht worden. Wir nehmen für uns trotzdem auch Positives mit, wir haben in dieser zweithöchsten Spielklasse Österreichs gezeigt, dass wir vorne mithalten können, auch wenn uns das einige Experten vor dem Start der Meisterschaft nicht unbedingt zugetraut haben. Bei einem „Neustart“ wollen wir beweisen, dass dies kein Zufall war".

Was hältst Du von dem ursprünglichen Plan, den aktuellen Tabellenstand in eine Frühjahrsmeisterschaft 2021 mitzunehmen?

"Sehr wenig, es ist dann ja auch nicht dazu gekommen, denn ich könnte mir z.B. als Trainer eines punktearmen Abstiegskandidaten nicht vorstellen, die Motivation über einen so langen Zeitraum aufrechtzuerhalten".

Womit hältst Du die gute Stimmung im Team aufrecht?

"In Videotelefonaten habe ich mit jeder Spielerin ein Einzelgespräch geführt, das rund eine Stunde dauerte und dabei unsere weitere Strategie sowie alle offenen Fragen besprochen".

Gibt es Abwanderungstendenzen in Deinem Team, aus Ungeduld eventuell zu einer Einzelsportart (Tennis, Golf) zu wechseln?

"Nein, dazu ist bei den Mädels das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stark ausgeprägt. Sie sehen nämlich Fußball nicht als Pflicht an, sondern als Herzenssache und sind mit so großer Begeisterung dabei, dass ich keine solchen Befürchtungen habe".

Welche Vorgaben hast Du Deinen Spielerinnen für das „Heim-Training“ gemacht?

"Wir haben vor dem krisenbedingten Abbruch ein Vorbereitungstraining absolviert, wo Eckpunkte festgelegt wurden. Außerdem kann mich immer wieder per Internet von ihren Fortschritten überzeugen und staune dann jedesmal. was sie zusaammenbringen.  Sie machen das aber freiwillig, meine einzige Vorgabe ist, dass jede topfit zur Verfügung steht, wenn die Meisterschaft wieder startet und davon bin ich überzeugt".

Gibt es in Deinem Kader wesentliche Veränderungen?

"Außer unserem guten Stammkader sind wir mit zwei Akteurinnen aus Eugendorf einig, dass sie zu uns wechseln. Durch ihre sehr guten Leistungen in den letzten Saisonen haben sich einige unserer Stützen auch in das Blickfeld des Bundesligisten Bergheim/Hof sowie einiger Zweitligisten gespielt, aber ich denke, dass mit einer Ausnahme alle bei uns weiterspielen wollen".

Die Ausnahme wäre?

"Die ÖFB-Nachwuchs-Internationale „Viki“ Felber besucht ja die Frauen-Fußball-Akademie in St. Pölten und es wurde ihr nahegelegt, sich einem Bundesligisten anzuschließen, um ihre Chance auf einen Einsatz im österreichischen Nationalteam zu steigern. Sie selbst würde gerne bei uns weitermachen".

Könnten weitere Spielerinnen Euren Kader verlassen?

"Ja, möglicherweise einige Spielerinnen, die nur sporadisch zum Einsatz kamen, aber sicher nicht unser großer Rückhalt, Kapitän Ulrike Auer, die zwar ihre Karriere beenden wollte, aber unter diesen Umständen keinesfalls „coronabedingt“ aufhören möchte. Dazu ist sie immer noch top in Form und verfügt außerdem über fast unersetzliche Routine".

Ihr habt vor dem Frühjahrsstart noch ein Trainingslager in Kroatien absolviert?

"Ja, diesmal reisten wir gemeinsam mit unserem Männerteam und haben uns dort auch intensiv auf das Frühjahr vorbereitet. Unter anderem haben wir ein Testspiel gegen die SPG Aschach/St. Ulrich ziemlich hoch für uns entschieden".

Bringt Euch die Krise in eine finanzielle Schieflage?

"Nein, denn war haben uns größtenteils durch „kleine“ Gönner finanziert und sehr viel selbst beigetragen. Ausfälle erleiden wir natürlich durch den Entfall der Kantine, aber dafür fallen keine Kosten bei Auswärtsspielen an. Wenn ich daran denke, welche finanziellen Anstrengungen einige unserer Ligakonkurrenten unternommen haben und jetzt dafür nicht belohnt wurden, dann sind wir in einer sehr angenehmen Situation durch die  erfolgreiche Förderung unserer Eigenbau-Spielerinnen".

Euer Standing im Verein, droht eine „Kindes-Weglegung“?

"Wir sind besser platziert als die Männer und sind mittlerweile zum „Aushängeschild“ des Vereins geworden. Ich denke, dass es über unseren Fortbestand keinerlei Diskussion gibt".

Ab 15. Mai besteht die Möglichkeit des Kleingruppen-Trainings, wie werdet Ihr sie nützen?

"Wir werden in zwei Zehner-Zusammenstellungen üben, in einer „Doppel-Schicht“ lösen sich die beiden Gruppen ab, ich leite drei Mal in der Woche beide Veranstaltungen".

Wann immer die Meisterschaft wieder startet, was wäre Dein größter Wunsch?

"Für die 2. Frauen-Bundesliga, die ich für einen abwechslungsreichen, sehr guten Bewerb halte, seitens des ÖFB einen Ligasponsor zu finden, wodurch den Teilnehmern einige finanzielle Erleichterungen geboten werden könnten".

Danke für das Interview und so viel glückliche Umstände, dass sich die Wartezeit auf echte Spiele rasch verkürzt!

 

Hätten gerne den Cupsieg 2018 wiederholt: Geretsbergs Fußballerinnen, die wie viele andere endlich wieder den Ball am Fuß "spüren" wollen (Foto: U. Geretsberg)

 

Helmut Pichler

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