Die Kunst der großen Worte

Irgendwie können sie einem leid tun. Denn selbst nach dem Sieg über St. Andrä im direkten Duell um den begehrten Startplatz für die Relegation scheinen raphael-oberndorfinger.jpgdie Kärntner für Blau-Weiß Linz in der Tabelle schon außer Reichweite zu sein. Womit das Vorhaben Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse  wohl um ein Jahr verschoben werden muss. Wieder einmal! Was so manchem Nicht-Sympathisanten von Knabel und Konsorten sogar ein Lächeln der verschmitzten Schadenfreude ins Gesicht zaubert. Während andere nüchtern von einem verpassten Ziel sprechen. Falschen Hoffnungen, die man sich selbst vorgegaukelt hat. Zu vielen Fehlern, die passiert sind. Vom Lizenz-Dilemma jetzt einmal ganz zu schweigen. Und dennoch: Ich werde mich davor hüten, Blau-Weiß wegen des verpassten Zieles in der aktuellen Regionalliga-Saison zu kritisieren.

Im Gegenteil – ich danke für die Brust, mit der sie Spiel um Spiel auf den Platz gegangen sind. Für den Brustton der Überzeugung, mit dem sie ihre Ambitionen hinausposaunt haben. Für diesen so einfachen Satz, der so vielen anderen so schwer über die Lippen kommt: Ja, wir wollen den Aufstieg! Was vor allem Trainer Kensy stets betont hat. Und sich und sein Team damit wissentlich automatisch angreifbar gemacht hat. Eine ganze Saison lang. Weil die Linzer ständig an ihrem selbstauferlegten Ziel gemessen wurden und werden. Das ihnen nach jedem Punkteverlust von Fans, Medien, Gegnern und vielen anderen um die Ohren geworfen wird. Dabei ist das endlich einmal eine klare Ansage. Kein Tiefstapeln. Kein Herumdrücken. Klipp und klar war die Botschaft. Die immer unverändert blieb. Auch nach Niederlagen. Nach schier aussichtslosen Rückständen in der Tabelle. Wie es auch jetzt eigentlich wieder der Fall ist.

Und dennoch wird der Pole erst dann von seiner Zielformulierung abkommen, wenn der letzte Funke einer theoretischen Chance erloschen ist. Diese Einstellung gefällt mir. Das Bekenntnis zu einem Ziel. Was im Sport doch der Ur-Antrieb an sich sein sollte. Dennoch gibt es genug Teams, die sich jahrelang mit dem Mitschwimmen im Niemandsland zufrieden geben. Andere, die beispielsweise trotz Titelambitionen lieber einen Top-5-Platz als Ziel nennen, um eben nicht festgenagelt werden zu können. Um ein Ventil für den öffentlichen Druck zu haben. Blau-Weiß hat sich letzteren freiwillig auferlegt. Was man in Anbetracht des eigenen Potentials und dem der  Konkurrenz – vor allem jener aus dem unmittelbaren Einzugsgebiet der Stahlstadt – nicht hätte tun müssen. Dafür Kompliment. Für ein einziges Faktum aber auch Kritik: Blau-Weiß nimmt schon so lange das Wort Aufstieg in den Mund wie Herbert Prohaska seinen Gute-Nacht-Gruß an der Seite von Reinhard Pariasek. Geschafft haben sie ihn aber nur 2008 von der OÖ-Liga zurück in die Regionalliga. Einzig dieser Umstand sollte wirklich zu denken geben.

von Raphael Oberndorfinger

Sichere dir bis zu 100€ als Freiwette und wette auf deine Lieblingssportarten.